Guatemala: Ex-First Lady bei erster Runde der Präsidenten-Wahl vorne

Sandra Torres muss in eine Stichwahl um das Präsidentenamt von Guatemala.
Sandra Torres muss in eine Stichwahl um das Präsidentenamt von Guatemala.APA/AFP/JOHAN ORDONEZ
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Die sozialdemokratische Kandidatin Sandra Torres siegt in einer ersten Runde mit deutlichem Vorsprung. Guatmala ist geprägt von Korruption, auch bei der Wahl gab es Unregelmäßigkeiten.

Die Präsidentenwahl in Guatemala wird wohl erst in einer zweiten Abstimmungsrunde entschieden. Die sozialdemokratische frühere First Lady Sandra Torres führte nach Auszählung von rund der Hälfte der Stimmen mit gut 24 Prozent deutlich vor den 19 anderen Kandidaten, lag damit aber noch weit entfernt von einer absoluten Mehrheit. Erreicht keiner Kandidat diese Marke, folgt eine Stichwahl am 11. August.

Hinter Torres lagen den Teilergebnissen zufolge der konservative Bewerber Alejandro Giammattei mit gut 15 und der ehemaligen UNO-Funktionärs Edmond Mulet mit knapp 13 Prozent.

Guatemala ist von Korruption, Gewalttaten und der Verarmung großer Anteile der Bevölkerung geprägt. Diese Probleme trugen maßgeblich dazu bei, dass sich in den vergangenen Jahren Hunderttausende zur Auswanderung Richtung USA entschlossen. Nach offiziellen Zahlen leben derzeit 1,5 Millionen Guatemalteken in den USA, nur rund 400.000 von ihnen legal. Torres versprach im Wahlkampf Reformen im Gesundheits- und Bildungssystem sowie auf dem Arbeitsmarkt, um die Auswanderung zu stoppen.

Torres äußerte sich bei ihrer Stimmabgabe siegesgewiss. "Ich werde die erste Präsidentin sein", sagte die Kandidatin der Mitte-Links-Partei Nationale Einheit der Hoffnung. Torres ist die Ex-Frau des früheren Präsidenten Álvaro Colom. Um direkt gewählt zu sein, wäre im ersten Durchgang die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Unregelmäßigkeiten gemeldet

Vereinzelt kam es zu Unregelmäßigkeiten bei der Wahl. So berichtete die Zeitung "Prensa Libre", Bürger in der Stadt Esquipulas und anderen Ortschaften hätten dagegen protestiert, dass Wähler aus anderen Regionen in Bussen eingetroffen seien, um ihre Stimme für bestimmte lokale Kandidaten abzugeben. In der Kleinstadt San Jorge wurde die Wahl vertagt, weil die Mitglieder der lokalen Wahlbehörde nach Todesdrohungen ihre Ämter niedergelegt hatten.

Rund 8,1 Millionen Landesbewohner durften ihre Stimme abgeben, die Wahlbeteiligung lag nach ersten Schätzungen unter 60 Prozent. Bei den Wahlen von 2015 waren es 71 Prozent gewesen. Auch die 160 Abgeordneten des Parlaments wurden am Sonntag neu gewählt.

Korrputionssumpf

In den vergangenen Jahren hatten die Staatsanwaltschaft und die Internationale UNO-Kommission gegen Straflosigkeit (CICIG) versucht, den Korruptionssumpf in Guatemala trocken zu legen. Die CICIG muss jedoch auf Druck der Regierung ihre Arbeit einstellen, nachdem die Ermittler auch vor der Familie des amtierenden Präsidenten Jimmy Morales nicht halt gemacht hatten.

Der Staatschef, der sich nicht zur Wiederwahl stellen durfte, wollte die CICIG-Mitarbeiter aus dem Land werfen lassen, was das Verfassungsgericht zwar untersagte. Allerdings läuft das Mandat der UNO-Korruptionsjäger im September ohnehin aus, eine Verlängerung ist derzeit nicht in Sicht.

"Die CICIG wurde ausgewiesen, weil sie sich in die Politik eingemischt hat", sagte Morales am Sonntag, als er seine Stimme in einem Vorort im Westen von Guatemala-Stadt abgab.

Die frühere Generalstaatsanwältin Thelma Aldana, die für das Präsidentenamt kandidieren wollte, wurde mit der Begründung ausgeschlossen, sie habe kein Führungszeugnis vorgelegt. Nicht zur Wahl zugelassen wurde auch Zury Ríos, die Tochter des früheren Diktators Efraín Ríos Montt. Eine Verfassungsbestimmung sieht vor, dass Angehörige des Ex-Diktators nicht für das höchste Staatsamt kandidieren dürfen.

Obwohl Guatemala die größte Volkswirtschaft der sieben zentralamerikanischen Länder ist und dem Finanzministerium zufolge in diesem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent rechnen kann, leben fast 60 Prozent der über 17 Millionen Einwohner unterhalb der Armutsgrenze.

(APA/dpa)

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