EZB überlegt gestaffelte Einlagenzinsen

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Europäische Zentralbank EZB nach Sonnenuntergang Frankfurt am Main Hessen Deutschland Europa(c) imago images / imagebroker
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Kleinere Banken sollen auf diese Weise entlastet werden.

Frankfurt. Die EZB hält sich nach den Worten von Notenbank-Direktor Benoît Cœuré die Einführung von gestaffelten Einlagezinsen als Möglichkeit offen. Sollte die Notenbank zu dem Schluss kommen, dass eine Zinssenkung die beste geldpolitische Handlungsoption sei, müsse sie über die Auswirkungen auf die Banken nachdenken, sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der EZB der „Financial Times“ in einem am Montag veröffentlichten Interview.

„Wir müssten überlegen, ob ein Staffelsystem nötig ist.“ Die vorherrschende Sichtweise im EZB-Rat sei zwar gegenwärtig, dass dies nicht der Fall sei. „Aber wir stimmen auch darin überein, dass dies mehr Überlegungen verdient.“

2014 senkte die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals ihren Einlagesatz auf unter null Prozent – inzwischen liegt er bei minus 0,4 Prozent. Ein negativer Satz bedeutet, dass Banken Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie über Nacht überschüssiges Geld bei der EZB horten. In Deutschland beklagen Geldhäuser schon seit Längerem, dass die ultraniedrigen Zinsen an ihren Gewinnen zehren. Sie fordern ein Ende der Negativzinsen. Eine Staffelung des Einlagensatzes könnte beispielsweise über Freibeträge erreicht werden. Demnach könnten Banken bis zu einer gewissen Grenze Geld bei der EZB parken, ohne dass sie Strafzinsen zahlen müssten.

Auch der Chef der finnischen Notenbank, Olli Rehn, brachte vor wenigen Tagen „mögliche Linderungsmaßnahmen“ für Banken ins Spiel. EZB-Chef Mario Draghi hatte nach der jüngsten Zinssitzung betont, dass sich die Eurowächter angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten wegen der Handelskonflikte und der Brexit-Hängepartie alle Optionen offenhalten. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2019)

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