Huawei erhält Hilfe von US-Firmen

Guests hold umbrellas with Huawei logos in the rain at Songshan Lake New Campus in Dongguan
Guests hold umbrellas with Huawei logos in the rain at Songshan Lake New Campus in Dongguan(c) REUTERS (JASON LEE)
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In den USA formiert sich Widerstand gegen den Bann, den Washington über den chinesischen Elektronikkonzern Huawei verhängt hat. Dieser koste beide Seiten Milliarden.

Wien. 2019 ist zwar erst zu knapp der Hälfte vorüber. Es ist aber wohl das härteste Jahr für den erfolgsverwöhnten chinesischen Elektronikhersteller Huawei in dessen 32-jähriger Firmengeschichte. Denn US-Präsident Donald Trump führt einen unerbittlichen Kampf gegen das privat geführte Unternehmen. Zuerst wollte er verhindern, dass Huawei aktiv am internationalen 5G-Ausbau beteiligt ist. Mit überschaubarem Erfolg – schließlich ist weiterhin nicht erwiesen, dass Huawei für die chinesische Regierung spioniert.

Dann Anfang Mai aber der Knall: Im Handelsstreit mit China zieht Trump ein Ass aus dem Ärmel. Er ruft den nationalen Notstand in Sachen Telekommunikation aus. Huawei kommt auf eine schwarze Liste und wird von allen US-Partnern abgeschnitten. Den Unternehmen wird jegliche Zusammenarbeit mit den Chinesen untersagt.

Die Isolation nimmt Huawei zu Beginn des Boykotts auf die leichte Schulter. Es werden Auswege und Alternativpläne präsentiert. Man gibt sich zuversichtlich. Ein Fehler, wie der medial zurückhaltende Firmenchef, Ren Zhengfei, nun eingesteht. Denn plötzlich kündigt der britische Chiphersteller ARM die Lizenzverträge, und Huawei steht ohne Prozessoren da. Zhengfei vergleicht die Situation mit einem kaputten Flugzeug. Man habe sich zu sehr auf den Motor und die Treibstoffsicherung konzentriert und dabei wichtige andere Teile übersehen.

30 Milliarden weniger Umsatz

Die Marktanteile rasen in den einstelligen Bereich. Händler bieten aktuelle Huawei-Smartphones zum Spottpreis an. In Deutschland haben die Chinesen innerhalb von vier Wochen 14 Prozent an Marktanteil eingebüßt. Das Unternehmen ist gezwungen zu handeln. „In den nächsten beiden Jahren werden die Umsätze um jeweils 30 Milliarden Dollar hinter den Vorhersagen liegen“, erklärt der 75-jährige Firmenchef nun. 2018 verzeichnete Huawei noch ein Umsatzplus von 20 Prozent auf 104 Milliarden Dollar. Das sei mit dem anhaltenden Boykott nicht möglich. Zhengfei geht davon aus, dass die Erlöse in diesem und im nächsten Jahr bei rund 100 Milliarden Dollar liegen werden. Um 40 bis 60 Prozent sollen die Smartphone-Verkaufszahlen fallen. Für ein Unternehmen, das 2018 knapp für die Hälfte der weltweit 206 Millionen verkauften Geräte verantwortlich war, ein herber Rückschlag.

Seit Wochen arbeitet die Rechtsabteilung des Unternehmens daran, die Bedingungen des Boykotts auseinanderzunehmen und auf Schwachstellen zu prüfen. Dabei erfährt US-Präsident Donald Trump zunehmend Gegenwind aus der eigenen Wirtschaft. US-Firmen fürchten um ihre Umsätze. Sie bemühen sich um eine Lockerung des Verbots. Qualcomm und Intel haben sich an das US-Handelsministerium gewandt, sagen mit dem Vorgang vertraute Personen. Die Unternehmen argumentieren, dass Huawei-Produkte wie Smartphones und Computerserver gängige Teile verwendeten und es wahrscheinlich dabei nicht die gleichen Sicherheitsbedenken gebe wie bei der Ausrüstung für das neue 5G-Mobilfunknetz. „Es geht hier nicht darum, Huawei zu helfen. Es geht darum, Schaden für amerikanische Unternehmen abzuwenden“, heißt es. Für elf Milliarden Dollar kaufte Huawei 2018 US-Technologie.

Google als doppelter Verlierer

Noch weit mehr hätte Google zu verlieren. Das Unternehmen verlangt nämlich Lizenzgebühren für seine Apps. Abhängig vom EU-Land und der Bildschirmauflösung des Smartphones kann eine Lizenz pro Gerät bis zu 40 Dollar kosten. Ein Verlust in Milliardenhöhe und das auf viele Smartphone-Generationen hinaus. Denn an einer Android-Alternative wird bei Huawei unter Hochdruck gearbeitet. Schon im Oktober soll das Betriebssystem mit dem verheißungsvollen Namen „Hongmeng“ fertig sein. Der Name bedeutet übersetzt: „frühere Epochen zerschlagen, ein neues Zeitalter erschaffen“.

Huawei soll aber auch Alternativen prüfen, darunter Sailfish. Das Betriebssystem basiert auf der Open-Source-Plattform Linux und wäre damit vom Boykott ausgenommen. Es soll schon intensiv auf Huawei-Smartphones getestet werden. Hilfe kommt dabei aus Finnland. Mit der Übernahme durch Microsoft sollten Nokias Pläne am eigenen Betriebssystem Symbian in die Schublade wandern. Das wollten Ex-Nokia-Entwickler nicht zulassen und gründeten den Hersteller von Sailfish.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2019)

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