Rendite für 10-jährige Staatsanleihen erstmals im Minus

Eine Rede des EZB-Chefs Mario Draghi lässt die Rendite von Staatsanleihen fallen.

Die Renditen für 10-jährige österreichische Staatsanleihen am Sekundärmarkt sind heute, Dienstag, nach einer Rede des EZB-Chefs Mario Draghi erstmals in den negativen Bereich gerutscht. Draghi hatte zuvor weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen in den Raum gestellt. Auch an den Anleihenmärkten anderer Länder des Euroraums ging es für die Renditen teils deutlich bergab.

Nach Angaben der Oesterreichischen Bundesfinanzierungagentur (OeBFA) fiel die Rendite für die 10-jährigen Staatsanleihen am Dienstag auf minus 0,05 Prozent und damit auf ihren tiefsten Stand seit Bestehen der Republik, sagte Oebfa-Chef Markus Stix zur APA. Auch bei deutlich längerfristigeren Staatspapieren habe es heute Rückgänge bei den Renditen gegeben. So sei der Zinssatz für die vor zwei Jahren begebene 100-jährige Anleihe auf ein Rekordtief von 1,12 Prozent gefallen, sagte Stix. Emittiert wurde das Papier damals mit einer Rendite von 2,112 Prozent, der Kupon liegt bei 2,10 Prozent.

"Getrieben war die heutige Bewegung nicht von einem Österreich-spezifischen Thema, sondern von der Rede des EZB-Chefs Mario Draghi", so Stix. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hatte zuvor auf dem EZB-Notenbankforum im portugiesischen Sintra gesagt, die Zentralbank habe noch erheblichen Spielraum für weitere Anleihenkäufe.

Sollte sich der Wirtschaftsausblick nicht bessern, sei eine zusätzliche Lockerung notwendig. Zinssenkungen und weitere Anleihekäufe seien denkbar, sie gehörten zum Instrumentenkasten, so Draghi. Hintergrund der Äußerungen sind die wesentlich schwächere Konjunkturentwicklung und hohe politische Risiken wie die zahlreichen Handelskonflikte.

Inflation bleibt niedrig

Zudem kommt die Inflation nicht in Schwung. Das von der EZB beobachtete Inflationsbarometer war am Montag auf ein Rekordtief von 1,135 Prozent gefallen. Dies bedeutet, dass Investoren für den Zeitraum von fünf Jahren ab 2024 mit einer durchschnittlichen Inflation von 1,135 Prozent rechnen. Aus Sicht der EZB ist das bedenklich, weil die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte für die Wirksamkeit der Geldpolitik ein entscheidender Faktor sind.

Auch die Anleihenrenditen anderer europäischer Staaten konnten von den Aussagen Draghis profitieren. Anleihen aus Deutschland sind für Anleger schon seit längerem ein Verlust-Geschäft und rentierten am Dienstag zeitweise bei minus 0,305 Prozent. Neben Deutschland und Österreich rentieren zehnjährige Schuldtitel im Euroraum derzeit in den Niederlanden und Finnland unterhalb der Nulllinie.

Die Renditen vergleichbarer Bonds aus Frankreich (plus 0,018 Prozent) oder Griechenland (plus 2,575 Prozent) fielen ebenfalls auf Rekordtiefs. Zehnjährige italienische Bonds rentierten mit 2,168 Prozent, das ist so wenig wie seit Mai 2018 nicht mehr.

(APA)

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