Wie der Lega-Chef zum mächtigsten Mann des Landes wurde – und worüber er stolpern könnte.
Rom/Wien. Nur der Handshake mit Donald Trump fehlte: Bei seinem Washington-Besuch ließ Italiens Vizepremier, Matteo Salvini, zu Wochenbeginn keinen Zweifel daran, wer in Rom in Wirklichkeit die Geschäfte führt. Der Innenminister fachsimpelte über Außenpolitik und versicherte US-Außenminister Mike Pompeo und Vizepräsident Mike Pence, dass Italien der wichtigste US-Partner in Europa sei. Und wenige Tage vor dem heiklen EU-Gipfel in Brüssel, bei dem ein mögliches Defizitverfahren gegen Italien besprochen wird, gab er den Kurs vor: Italien brauche eine „trumpianische Haushaltspolitik“, tönte der Lega-Chef: „Wir werden die Steuern senken. Damit wird sich die EU wohl oder übel abfinden müssen.“
Italiens Premier, Giuseppe Conte, und die mitregierende Fünf-Sterne-Bewegung sind keine großen Fans der Einheitssteuer, die Salvini fordert. Am Mittwoch setzt sich Conte nochmals mit den Chefs von Lega und Fünf Sterne zusammen, um zu besprechen, wie Rom ein EU-Verfahren wegen zu hoher Ausgaben abwenden kann. Auch feilt der Premier gerade an einem Brief für Brüssel. Nun diktierte Salvini schon aus Washington, welchen Weg die Regierung einschlagen soll. Der Lega-Chef kann sich solche protokollarischen Fehltritte leisten: Der „Capitano“, so nennen ihn seine Fans, ist inzwischen nicht nur mächtigster Mann Italiens, sondern auch Shootingstar der EU-Rechtspopulisten. Seine ausländerfeindliche und einst separatistische Lega machte Salvini zur stärksten Partei des Landes, beim EU-Votum erhielt sie 34 Prozent. Keine andere Partei innerhalb seiner EU-Allianz gewann so viele Stimmen. Was ist das Erfolgsrezept des wortgewaltigen Kapitäns?
„Heute ist die Lega Matteo Salvini: Wer Lega wählt, der wählt Salvini“, sagt Politologe Lorenzo Pregliasco im „Presse“-Gespräch. Der Professor an der Universität Bologna ist Gründer der Onlinemagazins You Trend und hat in einem Buch das „Phänomen Salvini“ untersucht. Dank der Personalisierung der Partei sei es Salvini gelungen, die Lega von einer regionalen, norditalienischen in eine Nationalpartei zu verwandeln. Salvini wird von Jung und Alt, Frauen und Männern, im Norden und Süden gewählt.