Güterverkehr: Weg vom Abstellgleis

(C) RCG/Payr
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Mit smarten Güterwaggons und einer intelligenten Einsatzplanung will die Bahn ihre Wettbewerbsposition gegenüber Lkw-Transporten stärken.

Der Güterverkehr per Bahn ist mit angezogener Bremse unterwegs: 105,3 Millionen Tonnen Fracht wurden laut Statistik Austria im Vorjahr auf Österreichs Schienen transportiert. Das hört sich zwar beeindruckend an, bedeutet aber, dass nicht einmal ein Drittel aller Transportgüter per Bahn an den Bestimmungsort gelangt, wie Robert Woppel vom Fachverband Schienenbahnen betont. Das vom Fachverband ausgerufene und politisch akkordierte Ziel, diesen Anteil in den kommenden fünf Jahren auf zumindest 40 Prozent zu steigern, klingt ambitioniert und wäre – auch aus ökologischer Sicht – erstrebenswert, zumal Experten davon ausgehen, dass der Gesamtgüterverkehr in Europa in den nächsten zehn Jahren um rund 30 Prozent zulegen wird. Der Wiener Logistikforscher Georg Brunnthaller erwartet allerdings, dass der Großteil davon auf der Straße stattfinden wird – außer es gelingt, den Transportweg Schiene attraktiver zu machen. Wie?

Sensorüberwachung

Der Bahnverkehr müsse auf den Zug der Zeit aufspringen, „smart“ werden und damit den Technologievorsprung der Lkw, bei denen beispielsweise die digitale Sendungsverfolgung zum Standard gehört, wettmachen. Derzeit sei der Bahntransport jedoch „auf dem Entwicklungsstand der 1970er-Jahre“, attestiert man beim Grazer Technologiespezialisten PJM. Das Partnerunternehmen des Mobilitätsclusters AC Styria hat daher schon einiges auf Schiene gebracht, um diesem Missstand abzuhelfen. Im Fokus steht dabei unter anderem die Verbesserung der Einsatzplanung für die Waggons, die den Auftraggebern Zeit und Geld spart. „Eine optimale Auslastung der Ressourcen ist unabdingbar“, sagt auch Sebastian Steiner, verantwortlich für Digitalisierung bei Rail Cargo Group, dem Güterlogistik-Zweig der ÖBB. So wurde ein Tool entworfen, das die Wagenvorbereitung automatisiert, indem die Funktionstüchtigkeit der Bremsen mittels Sensoren erfasst wird. „Damit entfällt das manuelle Überprüfen, das bis zu einer Stunde dauern kann“, fasst PJM-Geschäftsführer Martin Joch zusammen. Ein weiterer Sensor checkt das Gewicht der Ladung. Das soll verhindern, dass aus Angst vor Überladung das zulässige Maximalgewicht nicht ausgenützt wird und zum Transport der vorgesehenen Güter mehr Wagen geführt werden als nötig. Zudem wird der Zustand der Wagen überwacht. Damit wird die Wartung nicht mehr routinemäßig nach einer gewissen Kilometerleistung fällig, sondern nur dann, wenn ein Wagen tatsächlich wartungsbedürftig ist. Unnötige Stehzeiten entfallen, die Sicherheit wird erhöht. „Nicht zuletzt kann der Standort eines jeden Wagens per Satellitennavigationssystem eruiert werden“, erläutert Joch. Damit soll unter anderem der „Waggonschwund“ der Vergangenheit angehören. „Beim erneuten Zusammenstellen von Zügen passiert es mitunter, dass Wagen verloren gehen und man nicht weiß, ob sie vielleicht irgendwo in Europa auf einem Rangiergleis stehen“, kennt Rail-Cargo-Sprecher Bernhard Rieder das Problem. Auch andere Unternehmen des steirischen Mobilitätsclusters helfen mit, die Weichen in Richtung „smart logistics“ zu stellen.

Transportplanung via Big Data

Die Forschungsgesellschaft Fraunhofer Austria will durch den Einsatz künstlicher Intelligenz erreichen, dass Transportkapazitäten besser geplant werden können. „Damit werden die Vorlaufzeiten reduziert und die Verfügbarkeit der Wagen zum richtigen Zeitpunkt erhöht“, erklärt Projektleiter Karl Ott. Derzeit sei man dabei, Daten zu sammeln, bis Ende nächsten Jahres hofft man, Ergebnisse vorweisen zu können. Die Rail Cargo, die mit rund 13.700 Waggons einen Marktanteil von jenseits der 70 Prozent auf dem heimischen Schienentransportsektor einfährt, hat sich zum Ziel gesetzt, im Endausbau ihren gesamten Fuhrpark „smart“ auszurüsten. Derzeit sind 300 mit Sensoren versehene Testwaggons im Einsatz.

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