Washington will 1000 zusätzliche Soldaten nach Nahost entsenden. Moskau zeigt sich besorgt und warnt vor „unerwünschter Zuspitzung“.
Washington/Teheran. Vor dem Hintergrund der wachsenden Spannungen zwischen den USA und dem Iran vergeht kaum ein Tag ohne weitere Provokationen und Vorwürfe. So auch am Dienstag, als ein iranischer Geheimdienstler die Aufdeckung eines Spionagenetzwerks des US-Auslandgeheimdienstes CIA verkündete.
„Aufgrund von Hinweisen in den amerikanischen Geheimdiensten haben wir kürzlich die neuen Rekruten gefunden, die die Amerikaner angeheuert haben, und ein neues Netzwerk zerschlagen“, wurde der Mann in der Nachrichtenagentur Irna zitiert. Der Einsatz sei zusammen mit „ausländischen Verbündeten“ durchgeführt worden, mehrere Spione seien verhaftet worden. Nähere Details nannte er nicht.
Nur wenige Stunden zuvor hatte US-Präsident Donald Trump mit einer weiteren provokativen Ankündigung für Nervosität in den europäischen Hauptstädten gesorgt. Über den amtierenden Verteidigungsminister ließ er mitteilen, rund 1000 weitere Soldaten „zu Verteidigungszwecken“ in den Nahen Osten zu entsenden.
Moskau warnt vor Zuspitzung
Patrick Shanahan versicherte zwar: „Die Vereinigten Staaten streben keinen Konflikt mit dem Iran an.“ Aber die Furcht, dass die scheinbar unaufhaltsame Eskalation in einen militärischen Konflikt münden könnte, ist vorhanden.
Entsprechend alarmiert zeigte sich am Dienstag auch Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow angesichts der amerikanischen Ankündigung. „Dies bereitet uns große Sorgen“, erklärte er in Moskau. „Und das allein schon der Tatsache wegen, dass eine starke Konzentration von Kräften und Mitteln das Risiko eines Zusammenstoßes oder einer unerwünschten Zuspitzung erhöht“ – wenn auch noch nicht ganz klar sei, worauf Washington hinauswolle.
Die Krise zwischen Teheran und Washington hatte vergangene Woche mit Angriffen auf zwei Öltanker im Golf von Oman einen neuen Höhepunkt erreicht. Die USA machen den Iran dafür verantwortlich – ein Vorwurf, den sie am Montag auch mit elf neuen Fotos untermauern wollten, welche die angebliche Schuld Teherans beweisen sollen. Sie sollen nach US–Angaben zeigen, wie iranische Soldaten eine Mine von einem der Tanker entfernten, die nicht explodiert war. Pentagon-Chef Shanahan erklärte, die zusätzlichen US-Soldaten würden entsandt, um das US-Militär und nationale Interessen der USA in der Region zu schützen. Der Iran weist die Vorwürfe von sich.
„Sehr ernste Situation“
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel rief am Dienstag dazu auf, den Konflikt friedlich zu lösen. „Das ist eine sehr ernste Situation.“ Sie betonte, Berlin werde allen Seiten, aber vor allem dem Iran deutlich machen, dass „die Situation nicht verschärft werden darf“.
Deutschland und seine europäischen Verbündeten befürchten auch ein Ende des in Wien ausgehandelten Atomdeals. Der Regierung in Teheran drohte Merkel am Dienstag mit Konsequenzen, wenn sie gegen die Bestimmungen des Abkommens verstoße: „Wir setzen darauf, dass der Iran es weiter einhält. Wenn das nicht der Fall ist, hat das natürlich auch Folgen“, sagte Merkel in Berlin. Hintergrund sind Berichte, dass der Iran schon in wenigen Tagen mehr schwach angereichertes Uran produziert haben könnte, als dies für das Land erlaubt ist. Die USA sind aus dem Deal ausgestiegen. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2019)