Lagen der Nation: Was es mit Rieden- und Ortsweinen auf sich hat

Lage. Der Gaisberg als Beispiel für ­Etikettenungetüme: „Kammerner Gaisberg Grüner Veltliner 2015 Kamptal DAC, 1. Lage ÖTW“.
Lage. Der Gaisberg als Beispiel für ­Etikettenungetüme: „Kammerner Gaisberg Grüner Veltliner 2015 Kamptal DAC, 1. Lage ÖTW“.(c) Schloss Gobelsburg
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Die DAC-Regeln lassen immer mehr Rebsorten als „gebietstypisch" zu. Riedenwein indes erweist sich als unverwechselbar: „Erste Lagen" gibt es nun auch in Rot.

Armin Tement von den Steirischen Terroir- und Klassikweingütern (STK) plädiert für Ortsweine.
Armin Tement von den Steirischen Terroir- und Klassikweingütern (STK) plädiert für Ortsweine.(c) Weingut Tement

Straches Ibiza-Video wirft sogar Österreichs Weinrecht zurück. Denn eigentlich war der Raum für die Präsentation „der größten Umwälzung im Gebiet Carnuntum seit dem Jahr 1985", so Winzer Gerhard Markowitsch, bereits reserviert. Statt im Mai einen Vorgeschmack auf die neue Rotweinnomenklatur zu geben, heißt es nun aber Warten auf die DAC-Verordnung der neuen Ministerin. Weißburgunder, Chardonnay, Grüner Veltliner, vor allem aber Blaufränkisch und Zweigelt würden mit der Unterschrift zu gebietstypischen Sorten erklärt. Regionsweine, Ortsweine als spannendste, weitgehend neue Kategorie und vor allem die Lagenweine Carnuntums würden so das Gebiet noch besser vermarkten.


Dass Markowitsch doch eine Änderung der Bezeichnungen für den im September vermarkteten Jahrgang 2017 vorlegen kann, liegt an einer eigentümlichen Parallelaktion, die sich quer durch die Rebenlandschaft zieht. Denn als erstes Rotweingebiet trat Carnuntum auch dem Verein der Österreichischen Traditionsweingüter (ÖTW) bei. „Geschätzte sechzig Prozent der Produktion", so Markowitsch, werden das ausgeklügelte System annehmen, das auch auf den historischen und kulturellen Kontext einer Lage Bezug nimmt. So bewerten die ÖTW einzelne Rieden nicht nur aufgrund der Qualität ihrer Weine als „Erste" und „Große Lagen". Diese vom „romanischen System" der Herkunft (siehe Barolo, Rioja, Bordeaux) inspirierte Regelung setzt auf möglichst enge Herkunftsbezeichnungen und hat mittlerweile Winzer vom Kamptal über Wien bis nach Carnuntum überzeugt. „Haben Sie in Burgund schon einmal einen Produzenten getroffen, der drei verschiedene ,Clos de Vougeot‘ produziert?", fragt ÖTW-Obmann Michael Moosbrugger vom Weingut Schloss Gobelsburg und gibt die Antwort gleich selbst: „In dieser Denkweise gibt es nur einen ‚Clos de Vougeot‘ – und zwar den typischen!"

Michael Moosbrugger meint, dass die Rebsorte nur „das einfachste Konzept von Wein“ ist.
Michael Moosbrugger meint, dass die Rebsorte nur „das einfachste Konzept von Wein“ ist.(c) Schloss Gobelsburg

Nebeneinander. Im „germanischen System" des Sortendenkens wiederum wäre ein Kabinett oder eine Trockenbeerenauslese aus ein und derselben Lage durchaus möglich. Das Nebeneinander der (privaten) Lagenklassifizierung und der (staatlich per Verordnung geregelten) Herkunftsbezeichnung DAC bringt aber nicht nur Etikettenungetüme wie „Kammerner Gaisberg Grüner Veltliner 2015 Kamptal DAC, 1. Lage ÖTW" hervor. Denn die Offiziellen des Österreichischen Weinmarketing (ÖWM) bevorzugen „allgemein gültige Regelungen und Begriffe gegenüber privatrechtlichen Klassifikationsbestrebungen", wie es Sprecherin Sabine Bauer-Wolf formuliert. Spätestens mit dem Jahrgang 2020, schätzt sie, werden alle 17 Weinbaugebiete DAC-Status besitzen. Noch fehlen vier NÖ-Gebiete: Carnuntum als Formsache, die Wachau als nächster Anwärter sowie der Wagram und die Thermenregion. Der Preis für die Flächendeckung war – zumindest aus juristischer Perspektive – hoch. Aus der ursprünglich einen gebietstypischen Sorte (Veltliner für das Weinviertel, Blaufränkisch für das Mittelburgenland) wurde längst eine Fülle an zugelassenen Sorten – in der neuen Steiermark-DAC-Regelung etwa sind es acht (!) Weißweintrauben, darunter der Riesling.

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