Fahrverbot für Urlauber: Tirol sperrt Dörfer und Landstraßen als Ausweichrouten

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Am Donnerstag wurden die Autobahnabfahrten rund um Innsbruck für den Transitverkehr gesperrt. Die Fahrverbote für Stau-Ausweicher sollen bis Mitte September gelten. In Bayern ortet man eine „reine Schikane“.

Das verlängerte Wochenende und der kommende Ferienbeginn bringt in Tirol vor allem eines mit sich: Staus auf den Autobahnen. Damit sich das Verkehrschaos nicht wie bisher auch auf die umliegenden Dörfer und Landesstraßen ausbreitet, hat das Land Tirol ein Fahrverbot verhängt. Autobahnabfahrten im Großraum Innsbruck wurden am Donnerstag für den gesamten Durchzugsverkehr gesperrt. Es soll dabei gezielt gegen sogenannte „Navi-Ausweicher“ vorgegangen werde, die im dichten Urlauberverkehr Staus auf der Autobahn umfahren wollen, teilte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz mit.

Erstmals ist die Maßnahme am Donnerstag zwischen 7.00 und 19.00 Uhr zum Einsatz gekommen. Danach soll sie an allen Wochenenden, also immer von Samstag, 7.00 Uhr bis Sonntag, 19.00 Uhr, zwischen 22. Juni und 14. September gelten. Gesperrt werden nicht nur die Auf- und Abfahrten der Autobahn, sondern auch die Straßenabschnitte unmittelbar danach. Der Ziel- und Quellverkehr ist davon nicht betroffen - all jene, die nach Innsbruck oder in die umliegenden Dörfer wollen, können dies auch weiterhin tun, versicherte Platter. Die Fahrverbote gelten für den gesamten Verkehr, also Pkw, Lkw, und Motorräder.

Navis sollen Routen nicht mehr anzeigen

Der Ausweichverkehr soll mit Hilfe der Navis unterbunden werden, erklärte der Landeshauptmann. Die Fahrverbote seien bereits an das Innenministerium übermittelt worden, das wiederum den Navi-Betreibern die Verkehrsdaten zur Verfügung stellt. So sollen Navis die gesperrten Straßen nicht mehr als Ausweichrouten anzeigen. 

Zusätzlich wurden am Donnerstag an den gesperrten Ausweichrouten auch Polizeistreifen postiert. Zurückweisungen auf die Autobahn habe es bereits gegeben, diese hätten sich aber eher noch in Grenzen gehalten, hieß es am Donnerstagabend von der Tiroler Verkehrspolizei. Der Reiseverkehr auf der Inntal- und Brennerautobahn sei weniger als erwartet gewesen, zudem habe das Fahrverbot am Donnerstag nur in Richtung Süden gegolten. Die erste Bewährungsprobe für die neue Maßnahme dürfte das kommende Wochenende darstellen. Dann wird das Fahrverbot in beide Richtungen gelten. Auch mit mehr Reiseverkehr ist laut Polizei zu rechnen.

Von den Fahrverboten sind die Ausfahrten zwischen Hall und Zirl auf der Inntalautobahn (A12), sowie bei Patsch und bei Gries am Brenner auf der Brennerautobahn (A13). Die Brennerstraße ist von den Verboten nicht betroffen.

Bayern wettert gegen „Schikane"

In Bayern sorgten die Fahrverbote am Donnerstag für Empörung. "Das Tiroler Verhalten ist unsäglich und reine Schikane", sagte CSU-Verkehrsminister Hans Reichhart. Außerdem sei das Verhalten des Nachbarlandes rechtswidrig. Reichhart sieht die EU-Kommission gefordert: "Ich erwarte, dass die EU-Kommission dieses Verhalten sehr schnell unterbindet und für freien Reiseverkehr in Europa sorgt."

Gleichzeitig stellte Reichhart Gegenmaßnahmen in Aussicht: "Sollte die EU-Kommission dieses Verhalten durchgehen lassen, dann muss es auch für die stark belasteten bayerischen Autobahnen und Landstraßen in der Grenzregion gelten." Mit Tirol seien Gespräche vereinbart, so Reichhart. Von deren Ausgang wolle man Bayerns Reaktion abhängig machen.

Platter: „EU-rechtlich gedeckt"

Nach der heftigen Kritik Bayerns hat Landeshauptmann Platter am Freitag gekontert. Die Bayern sollen jetzt "nicht die Beleidigten spielen", nur weil sie bei der Pkw-Maut eine "empfindliche Niederlage einstecken" mussten, sagte Platter. Stattdessen sollten sie mit Tirol "aktiv an der Entlastung der Bevölkerung" arbeiten. Tirol werde seinen Kampf gegen die  Verkehrsbelastung „konsequent fortsetzen", kündigte der Landeshauptmann an.

Zu den rechtlichen Bedenken Bayerns meinte er, dass von dem Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer bereits festgehalten wurde, „dass solche Fahrverbote auf ausgewählten Landesstraßen zu 100 Prozent EU-rechtlich gedeckt sind“.

Wenn die Dörfer vom Ausweichverkehr derart verstopft sind, dass es nicht einmal mehr für die Rettungsdienste ein Durchkommen gibt, dann könne und dürfe man nicht tatenlos zusehen, meinte Platter.

(APA)

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