Coworking: Vom Trend zum Büromarkt-Fixpunkt

Um Coworking Spaces kommen neue Projekte nicht mehr herum, auch nicht das HoHo in Wien Aspern.
Um Coworking Spaces kommen neue Projekte nicht mehr herum, auch nicht das HoHo in Wien Aspern.Cetus, CY Architecture
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Flexibilität wird für Büromieter immer wichtiger. Voll eingerichtete und servicierte Büros für die kurz-, aber auch langfristige Nutzung sind daher gefragt wie nie.

Ein Büro mit Rundum-Angebot – vom Empfang über die IT-Infrastruktur bis zum Restaurant? Und das ohne langfristige Mietverträge? Was für Ein-Personen-Unternehmen und Start-ups lange Jahre nahezu unerschwinglich war, ist auch für sie mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden. Coworking Space lautet das Zauberwort zur Realisierung dieser Büroträume. In den voll ausgestatteten Büros können einzelne Schreibtische genauso angemietet werden wie ganze Einheiten. Und das sowohl zeitlich als auch, gegebenenfalls, örtlich flexibel. Ist man nämlich bei einem der großen Anbieter Mieter, kann man auch in anderen Städten deren Coworking Spaces nutzen.

Größerer Nutzerkreis


Parallel zum Boom dieser Büroform erweitert sich auch der Nutzerkreis. Neben den bereits erwähnten zieht sie immer öfter auch bereits arrivierte Unternehmen an. „Diese Nutzungsform ist vermehrt für Unternehmen interessant, die sich derzeit in der Entwicklung befinden, da hier relativ schnell auf entsprechende Erweiterungswünsche beziehungsweise Flächenreduzierungen eingegangen werden kann“, sagt Steven Bill Scheffler, Teamleiter für die Vermietung von Büroflächen bei Otto Immobilien. Denn Mietverträge, die sie lange Jahre binden, sind bei diesen out. „Internationale Konzerne mieten meist nur für drei Jahre“, sagt Patrick Schild, Head of Agency bei CBRE.


Dazu kommt Schild zufolge ein weiteres Kriterium, das die Nachfrage nach Coworking Spaces steigen lässt: die Möglichkeit, Netzwerke zu knüpfen. Das zeigt eine Umfrage des Immobilienspezialisten CBRE. An der Spitze der Gründe, sich für einen Coworking Space zu entscheiden, steht bei 74 Prozent der Befragten eben die Möglichkeit, in den öffentlichen Bereichen Kontakte zu anderen Mietern zu knüpfen. Als zweitwichtigstes Service gilt mit 56 Prozent der Empfang, erweiterte Serviceangebote für Mitarbeiter wie etwa Restaurants liegen auf Rang drei. „In Zeiten, in denen es darum geht, gute Mitarbeiter für sich zu gewinnen, ist das Rundum-Angebot wichtiger denn je“, sagt Schild.

Anbieterzahl wächst

Angesichts des steigenden Interesses wächst auch die Zahl der Anbieter in Wien. Ende März hat etwa der italienische Coworking und Innovationsnetzwerk-Anbieter Talent Garden seinen ersten Standort in Wien eröffnet. Der rund 5000 Quadratmeter große Campus erstreckt sich über sechs Etagen und bietet neben modernen Coworking Spaces auch ein vielfältiges Bildungs- und Lernprogramm sowie zahlreiche Veranstaltungen für die Innovations- und Technologie-Community. „Wir wollen mit diesem Campus Wien für Technologietalente aus ganz Europa noch attraktiver machen und den lokalen Unternehmen und Talenten helfen, dank des Netzwerks von Talent Garden in Europa zu wachsen“, sagt Davide Dattoli, CEO von Talent Garden.

Bereits seit dem Vorjahr bietet der niederländische Coworking-Spezialist Spaces im Orbi Tower in Wien Landstraße flexible Büroflächen, Meetingräume, Coworking-Bereiche und eine Community zum Netzwerken an. Weitere Standorte sollen folgen: So wird Spaces im The Icon am Wiener Hauptbahnhof, im Square One in Döbling und in der früheren Creditanstalt-Zentrale am Schottenring einziehen.

Auch kleinere Städte im Visier


Außerhalb der Bundeshauptstadt, beispielsweise in Linz oder Graz, sind ebenfalls immer öfter Coworking Spaces zu finden. „Dieses Phänomen endet nicht an der Stadtgrenze Wiens“, sagt Scheffler. Er geht davon aus, dass mittel- bis langfristig sogar die eine oder andere mittlere bis kleine Bezirksstadt entsprechende Potenziale aufzeigen wird. Eine Einschätzung, die Schild teilt: „Es ist durchaus sinnvoll, das Angebot auf kleinere Städte auszuweiten.“
Dementsprechend drängen immer mehr Anbieter – vom internationalen Konzern bis zum Hauseigentümer, der ein leer stehendes Geschäftslokal entsprechend adaptiert – auf den Markt. Der Wettbewerb sei jedoch sehr groß, betont Scheffler. Dementsprechend werde es sehr herausfordernd, sich von den bestehenden Betreibern abzusetzen und neue Konzepte finanzieren zu lassen.

Zielgruppen-Spezialisierung


Eines davon ist die Spezialisierung auf eine Zielgruppe, wie etwa Frauen. Im „Packhaus“ am Heumarkt ist beispielsweise ein Stockwerk mit mehreren Büros für Frauen reserviert. Ein Raum, den die Mieterinnen gratis für Events nutzen können, steht ebenfalls bereit. „Wir haben in unserem Packhaus in der Marxergasse gesehen, dass die Start-up-Szene männlich ist. Mit dem Konzept am Heumarkt wollen wir Frauen motivieren, Unternehmen zu gründen“, erklärt Margot Deerenberg, Obfrau des Vereins Paradocks, der die Packhäuser betreibt. Auch in Berlin und Heidelberg gibt es mittlerweile eigens auf weibliche Kundschaft zugeschnittene Coworking Spaces. Ursprungsland dieses Trends sind die USA, wo immer mehr speziell auf Frauen zugeschnittene Arbeitswelten entstehen.

Coworking in Zahlen

In Europa sind die flexibel anmietbaren Flächen zwischen 2014 und 2018 um 140 Prozent gewachsen, nämlich von 1,4 Millionen auf 3,4 Millionen Quadratmeter. Das zeigt eine Studie von JLL aus dem Vorjahr. Und bis 2022 sollen diese Flächen noch einmal jährlich um bis zu 30 Prozent wachsen. In Wien zählten laut CBRE die Anbieter von modernen Büroflächen im Vorjahr mit rund zwölf Prozent der gesamten Vermietungsleistung und rund 32.000 Quadratmetern Mietfläche zu den aktivsten Interessenten auf dem Markt. Ein Trend, der den Experten zufolge auch heuer anhalten wird.

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