Klimawandel: Zur Veränderung der Gesellschaft beitragen

Die Fridays-for-Future-Demonstrationen stärken das Bewusstsein für den Klimawandel. Nun muss man lernen, die Folgen zu begrenzen und mit ihnen umzugehen.
Die Fridays-for-Future-Demonstrationen stärken das Bewusstsein für den Klimawandel. Nun muss man lernen, die Folgen zu begrenzen und mit ihnen umzugehen.(c) Picturedesk/A. Halda
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Die aktuelle Hitzewelle in Indien ist für Klimaforscher Teil eines weltweiten Phänomens, das noch weiter um sich greifen wird. Umso wichtiger sind Studien, die das Bewusstsein weiter schärfen.

Temperaturen von über 50 Grad, ausgetrocknete Flüsse, Dutzende Hitzetote – Indien leidet aktuell unter der schlimmsten Hitzewelle seit Beginn der Messungen im 19. Jahrhundert. Klimaforscher sehen das als Vorboten eines weltweiten Phänomens, das sich künftig ausbreiten wird. „Klimaveränderungen sind komplex – meist wird Expertise aus verschiedenen Fachrichtungen benötigt, um die vielen Fragen der Öffentlichkeit zu beantworten. Daher bedingt gute Klimawandelkommunikation ein breites Wissen der verantwortlichen Personen deutlich über ihren eigenen fachlichen Hintergrund hinaus", sagt Kristin Richter, Klimaforscherin am Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften an der Universität Innsbruck. Unter Kryosphäre versteht man den Teil des Klimasystems, in dem Wasser im gefrorenen Zustand vorliegt.

Konkrete Auswirkungen

„Gefragt sind Klimaforscher heutzutage mehr und mehr in der angewandten Forschung, wenn es um konkrete Auswirkungen des Klimawandels auf lokale Gegebenheiten geht, beispielsweise bei Schneesicherheit in Skigebieten, dem Anstieg des Meeresspiegels an dicht besiedelten Küsten oder Extremereignissen", erläutert Richter. Da sie an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Küstengemeinden oder Skigebieten, Städteplanern oder Versicherern agierten, sei nicht nur die Kommunikation zwischen den Disziplinen wichtig, sondern auch der Dialog mit der Öffentlichkeit. Die Universität Innsbruck bietet ein Bachelorstudium zum Thema Atmosphärenwissenschaften an. Das Ziel: den Studierenden ein breites Basiswissen in Meteorologie, Atmosphärenphysik, Klima, Klimaänderung, Glaziologie und Hydrologie zu vermitteln. Auf Basis mathematisch-physikalischer Grundlagen werden komplexe naturwissenschaftliche Zusammenhänge in Raum und Zeit erfasst, die wichtigen Prozesse identifiziert, bearbeitet und verstanden. Das Masterstudium vermittelt ein tiefgehendes Verständnis atmosphärischer Prozesse und deren Wechselwirkungen mit Land, Ozeanen, Eis und Biosphäre von der molekularen bis zur globalen Skala und von kurzlebigen Phänomenen wie Turbulenzen und Gewittern bis zu langfristigen Klimaänderungen.

Viele Aspekte abgedeckt

Ausführlich mit dem Klimawandel kann man sich auch an der Universität Wien beschäftigen, vorrangig in zwei Masterstudiengängen. „Wir bieten dazu ,Ecology and Ecosystems‘ sowie ,Naturschutz und Biodiversitätsmanagement‘ an", sagt Gerhard Herndl, Vizedekan der Fakultät für Lebenswissenschaften. Die Ausprägungen und Auswirkungen des Klimawandels beträfen die gesamte Gesellschaft, weshalb man eine breite Palette an Studienmöglichkeiten zur Verfügung habe. „Jede Ausbildung in diesem Themenfeld vermittelt grundsätzlich Wertvorstellungen", sagt Herndl. Vor allem für Bachelor-Biologen bieten sich die beiden Masterstudiengänge an. Ecology and Ecosystems wird auf Englisch veranstaltet und fokussiert unter anderem auf Biogeochemie, die sich mit den chemischen, biologischen und physikalischen Prozessen befasst, die dem Aufbau und den Funktionen von Ökosystemen oder auch Landschaften zugrunde liegen. Außerdem ist auch praktische Biodiversitäts- oder Ökosystemforschung Teil des Studiums. Im Masterstudium Naturschutz und Biodiversitätsmanagement geht es darum, qualifizierte Naturschutzfachleute für die öffentliche Verwaltung, das Schutzgebietsmanagement auf nationaler wie internationaler Ebene, für Prüfverfahren wie Naturverträglichkeitsprüfungen nach EU-Richtlinien und für naturverträgliche Planung und Beratung auszubilden. Beide Studien dauern je vier Semester.

Dem Klimawandel hat sich auch die Universität Graz verschrieben. „,Climate Change Graz‘ ist ein profilbildender Bereich der Universität Graz, fokaler Wissenschaftszweig sind die Umweltsystemwissenschaften mit den beiden Instituten Wegener Center für Klima und Globalen Wandel sowie dem Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung", erklärt Alfred Posch, Studiendekan der Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät. Sehr stark nachgefragt seien die Studien der Umweltsystemwissenschaften. Dabei kann man zusätzliche Schwerpunkte wählen: Betriebswirtschaft, Geografie, Naturwissenschaften-Technologie und Volkswirtschaft. Im Masterstudium steht die Spezialisierung in nachhaltigkeitsorientiertem Management offen. „Zudem wollen wir den Umgang mit komplexen Systemen und das Denken in Systemen vermitteln und dies in Bezug zu Umwelt-, Klima- und Nachhaltigkeitsfragen bringen." Gemeinsam mit der TU Graz wird der Schwerpunkt Environmental Technology and Climate Change in Englisch angeboten. „Zusätzlich haben wir zwei internationale Joint-Master-Programme mit verschiedenen Partneruniversitäten, eines im Bereich Sustainable Development und eines im Bereich Circular Economy", erläutert Posch. Auf Doktoratsebene gebe es die Doktoratsschule Umweltsystemwissenschaften und das interdisziplinäre Doktoratskolleg Climate Change. Gefragt seien Klimaforscher allemal: „Die Eingrenzung des Klimawandels ist nicht weniger als eine Überlebensfrage der Menschheit, so wie wir sie kennen. Das heißt, wir brauchen erstens viele und gute Klimaforscher und zweitens Menschen, die in größeren Systemzusammenhängen denken können."

Vernetzung an der Boku

Dass ein Thema wie der Klimawandel möglichst weitreichende Kooperation erfordert, das beherzigt die Boku in Wien. Seit 2010 gibt es dort das Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit. Seine Ziele sind unter anderem Vernetzung, Austausch und Zusammenarbeit in den Bereichen Klima, globaler Wandel und Nachhaltigkeit – sowohl Boku-intern als auch extern auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2019)

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