"Ich liebe euch!": Emotionaler Abschied von Maria Vassilakou

 Die Vorzeige-Migrantin, „die Griechin“ wollte sie nicht sein, weshalb sie sich später, bei Ausbruch der Griechenland-Krise, auch nie zu Wort meldete.
Die Vorzeige-Migrantin, „die Griechin“ wollte sie nicht sein, weshalb sie sich später, bei Ausbruch der Griechenland-Krise, auch nie zu Wort meldete.APA/EXPA/JOHANN GRODER
  • Drucken

"Es waren großartige lange, lange Jahre“, sagte die scheidende Vizebürgermeisterin am Samstag zu den Wiener Grünen. Birgit Hebein wurde mit 94 Prozent als ihre Nachfolgerin bestätigt. Sie will Wien zur Klimahauptstadt machen.

"Ich liebe euch, danke!" - Mit diesen Worten hat sich Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou bei der Landesversammlung am Samstag von den Grünen verabschiedet. Als ihre Nachfolgerin wurde Birgit Hebein  nominiert. 438 Delegierte votierten in der Landesversammlung für die Entsendung der Noch-Gemeinderätin in die Stadtregierung. Das waren 94,19 Prozent der abgegebenen Stimmen. 

Hauptthema ihrer Ansprache war der Kampf gegen die Klimakrise. Sie trete "nicht um des Amtes willen" als Vizebürgermeisterin an, betonte sie, sondern "weil es um unsere Zukunft geht, weil ich etwas beitragen möchte". Sie habe zwei Ziele: "Ich will Wien zur ersten Stadt machen, wo es keine Kinderarmut mehr gibt und ich will Wien zur ersten Klimahauptstadt Europas machen."

"Keines unserer Kinder wird fragen, warum wir Milliarden in ein Klimarettungspaket gesteckt haben, sie werden uns fragen, verdammt noch mal, warum habt ihr es nicht gemacht", plädierte sie dafür, auch Schulden für den Klimaschutz in Kauf zu nehmen. "Niemand hat etwas davon, wenn die Menschheit mit einem Nulldefizit untergehen wird."

Auch die Frage, was der größte Unterschied zwischen Vassilakou und ihr sei, beantwortete sie: "Du hast vor neun Jahren bei Null begonnen. Ich habe jetzt definitiv das Privileg, dass ich auf deinen Erfahrungen aufbauen kann. Ich danke dir von Herzen."

Vassilakou erinnert sich an Pilz' Piranhas

"Es waren großartige lange, lange Jahre"", resümierte Vassilakou ihre Zeit in der Stadtpolitik. Wobei sie keine "eitle Leistungsbilanz" ziehen wolle, wie sie betonte. Stattdessen gab es Danksagungen an die Weggefährten. Manchmal, so verhehlte sie nicht, würden einem die Trümmer um die Ohren fliegen. 

"Schon eigentlich unglaublich, aber wahr: 24 Jahre meines Lebens. Ich bin 1996 Gemeinderätin geworden", schilderte die gebürtige Griechin - die bereits 1993 bei der Partei angedockt ist - ihren Werdegang. Mit dabei hatte sie etwa ihrer erste handgeschriebene Rede aus dem Herbst 1995, mit der sie sich um ein Mandat beworben hat. "Ich erinnere mich auch noch an die Zeit, wie ich zu Peter Pilz gebracht wurde zum Kennenlerntermin und da staunte ich nicht schlecht über das Aquarium, wo er Piranhas hielt."

"Die Mariahilfer Straße ist unser aller Projekt"

Die Grünen hätten ihr die Möglichkeit geschenkt, die Stadt zu verändern. Wobei sie betonte, dass sie Mitstreitern Gesicht und Stimme gegeben habe, die selber oft maßgeblich an der Umsetzung von Vorhaben beteiligt gewesen wären. "Die Mariahilfer Straße ist unser aller Projekt", meinte sie etwa.

>>> Vassilakou war war bekannt und umstritten wie kaum ein anderes Regierungsmitglied. Zuletzt hat die bekennende Strategin die eigene Partei falsch eingeschätzt. Eine politische Skizze zum Abschied. >>> Die Vermessung der Maria Vassilakou

Zuvor hatte das Grüne Urgestein Christoph Chorherr - der selbst erst kürzlich aus dem Gemeinderat ausgeschieden ist - Vassilakou in einer Rede gewürdigt: "Du hast für uns Grüne und die Stadt Unglaubliches geleistet. Dafür möchte ich mich ganz tief vor dir verneigen. Danke, Maria.“ Die Politik sei ein hartes Geschäft. Am härtesten seien Verletzungen aus den eigenen Reihen: "Es ist naiv zu glauben, dass die eigene Partei immer nur Hundert Prozent hinter einem steht." Er bewundere Vassilakou "unendlich" dafür, dass sie sich zwar manchmal "einen wirklich harten Panzer" anziehen habe müssen, "aber nie zum seelischen Zombie" geworden sei. "Du bist ein unglaublich lustiger, seelenzärtlicher Mensch geblieben", fand ihr langjähriger Wegbegleiter.

Die scheidende Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin wurde von den Teilnehmern der Landesversammlung mit minutenlangen Standing Ovations gewürdigt.

Landesliste für die kommende Nationalratswahl

Bei der heutigen Landesversammlung der Wiener Grünen wird über die Zusammensetzung der Landesliste für die kommende Nationalratswahl entschieden. Insgesamt bewerben sich 29 Personen um die vorderen Plätze. Sie dürfen sich heute vor dem Wahlgang den Delegierten präsentieren. Abgestimmt wird nach dem "Single Transferable Vote", ein System, das quasi eine automatisierte Stichwahl beinhaltet.

In Zahlen

26
Jahre war Vassilakou alt, als Peter Pilz die Generalsekretärin der Hochschülerschaft ins Rathaus holte. Mit 50 Jahren verabschiedet sie sich.

14,6
Prozent erreichten die Wiener Grünen 2010. Ihr bisher bestes Ergebnis. Das war, bevor sie in die Regierung kamen.

14
-tausend und 600 Menschen haben Vassilakous Facebook-Seite abonniert.

Der Grünen Basis - rund 500 Personen sind erschienen - steht im "Studio 44" am Rennweg jedenfalls ein längerer Tag bevor: Das Ergebnis der Listenwahl wird wohl erst in den Abendstunden vorliegen.

(APA/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

WIENER GEMEINDERAT: VASSILAKOU / HEBEIN
Wien

Wien: Hebein mit 54 Stimmen zur Vizebürgermeisterin gewählt

Birgit Hebein übernahm offiziell das Amt von Maria Vassilakou. Die scheidende Vize-Bürgermeisterin verabschiedete sich mit einem Appell an die Abgeordneten im Gemeinderat: "Passen Sie auf Wien auf“.
Maria Vassilakou bei ihrer letzten Rede vor der grünen Basis, die sich auf die kommende Nationalratswahl einstimmte.
Wien

Der Abschied der Maria V.

Die Wiener Grünen verabschiedeten am Samstag ihre Frontfrau Maria Vassilakou und stimmten sich auf die kommende Nationalratswahl ein. Auch mit Seitenhieben gegen die SPÖ.
Kommentare

Grüne Tränen

Es waren emotionale Szenen, wie man sie in der Politik selten sieht.
Maria Vassilakou 2013 auf dem Dach des DC Towers.
Wien

Die Vermessung der Maria Vassilakou

Sie war die erste grüne Vizebürgermeisterin und Stadträtin Wiens. Am 26. Juni übergibt Maria Vassilakou nun vorzeitig ihr Amt. Sie war bekannt und umstritten wie kaum ein anderes Regierungsmitglied. Zuletzt hat die bekennende Strategin die eigene Partei falsch eingeschätzt. Eine politische Skizze zum Abschied.
WIEN: MARIAHILFER STRASSE NEU
Wien

Begegnungszone forever

Mit Mariahilfer Straße und 365-Euro-Ticket glückten Vassilakou Hits. Auf jeden Fall emotionalisierte die grüne Verkehrspolitik.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.