Die Kulturpolitik und das Prinzip Extrawurscht

Wurscht, wer sich bewirbt, man nimmt extra wen anderen: immer wieder ein Gscher, das mit den Besetzungen der Direktorenposten im Kulturbereich.

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Knatsch gab es zuletzt auch bei der Bestellung des Volkstheater-Direktors: 72 Bewerbungen gingen ein, darunter beispielsweise von Thomas Gratzer, der seit 2005 im Rabenhof-Theater a) Führungsqualitäten beweist und b) vorführt, wie cool, vielseitig, urban, erfolgreich und relevant für Besucher aller Alters- und Bildungsklassen heutiges Volkstheater sein kann. Wäre spannend gewesen, ihn an einem großen Haus werken zu lassen. Auch Paulus Manker reichte ein 50-seitiges Simultan-Bühnenkonzept ein. In der Wiener Neustädter Roigk-Halle zeigt er gerade Karl Kraus' „Die letzten Tage der Menschheit“ als siebenstündiges und vielstimmiges Stationentheater: Ein exzellentes Ensemble zelebriert ohne Mikroports und ohne Video-Spassettln das beklemmend aktuelle Weltuntergangsdrama, pro Vorstellung folgen 250 Menschen den Darstellern treppauf und -ab zu den verschiedenen Schauplätzen. 21 der 27 Vorführungen bis 1. September sind ausverkauft, nur für sechs gibt es noch Restkarten. Viele Besucher kommen mehrmals, viele von weit her.

Doch Stadträtin Veronika Kaup-Hasler entschied sich für keine/n aus dem Bewerberpool, sondern für den Dortmund-Intendanten Kay Voges. Der hatte sich gar nicht beworben und wurde erst wenige Tage vor dem Hearing am 24. Mai von der Jury dazu ermuntert. Was Manker als „absoluten Skandal“ empfindet: „Wie man hört, kannte die Kulturstadträtin den designierten Direktor nur vom Hörensagen, auch seine Arbeit als Regisseur kannte sie nicht, es war also ein Verzweiflungsschuss ins Blaue.“ Auch die Wiener ÖVP, sonst nicht unbedingt mit Manker ajour, argwöhnt, dass die Bewerber ungleich behandelt worden sein könnten und brachte eine Anfrage an die Stadträtin ein: Ob die Bewerber, die ihre Konzepte fristgerecht eingereicht hätten, über die zwei Millionen Euro plus, die Kaup-Hasler dem VT zusagte, überhaupt informiert gewesen wären? Denn wenn nicht, käme es einem Wettbewerbsnachteil gleich. Auch Voges' Konzept wurde nachgefragt.

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