EZB-Chef: Deutschland soll Vorreiterrolle übernehmen

Trichet Werden Liquiditaet ueber
Trichet Werden Liquiditaet ueber(c) AP (Michael Probst)
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"Deutschland ist die größte Volkswirtschaft im Euro-Raum", sagt EZB-Chef Trichet. Er zähle "auf die aktive Rolle aller Länder, inklusive Deutschlands". Indes fällt der Euro zeitweise unter den Kurs von 1,25 Dollar.

"Deutschland ist die größte Volkswirtschaft im Euro-Raum und ein Land mit der Tradition gesunder Staatsfinanzen", sagt EZB-Chef Jean-Claude Trichet in einem am Freitag veröffentlichten "Handelsblatt"-Interview (Freitagausgabe). "Ich zähle auf die aktive Rolle aller Länder, inklusive Deutschlands, die Funktion der Überwachung einzuführen", fuhr der EZB-Präsident fort.

Die Regierung in Berlin stehe als eine Art Euro-Polizei in der Pflicht und müsse anderen Mitgliedstaaten der Euro-Zone auf die Finger schauen.

"Deutschland muss wieder Vorbildfunktion übernehmen"

Auch der deutsche Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter will Deutschland mit einem harten Sparkurs zum Treiber einer europäischen Konsolidierungspolitik machen. "Deutschland muss wieder Vorbildfunktion in Europa übernehmen", sagte der CDU-Politiker der "Börsenzeitung" vom Freitag. In dem Maße, wie Deutschland seine Haushaltssanierung vorantreibe, könne man auch anderen in Europa Konsolidierung abverlangen. Das größte Sparpotenzial in der deutschen Haushaltspolitik sieht Kampeter im Bereich des Arbeitsmarktes.

"Nur mit einer soliden Haushaltspolitik in allen Mitgliedsländern ist die Stabilität der Gemeinschaftswährung auf Dauer gewährleistet." Wichtig sei, dass alle in der Eurozone die Erkenntnis teilten, dass drohende Haushaltskrisen künftig frühzeitiger erkannt und ihnen vorgebeugt werden müsse. "Diese Zielsetzung lässt sich auch erreichen, ohne die Budgetsouveränität der nationalen Parlamente infrage zu stellen."

Euro-Kurs stürzt weiter ab

Trotz des 750-Milliarden-Schutzschirms stand der Euro auch am Freitag weiter unter Druck. Angesichts der europäischen Schuldenkrise ist der Euro an der Londoner Börse auf ein 14-Monats-Tief gefallen. Am Freitagmorgen rutschte der Euro auf den Kurs von unter 1,25 US-Dollar. Das war der niedrigste Stand seit März 2009. Bereits am Donnerstagabend war der Euro an der New Yorker Börse auf den tiefsten Stand seit März vergangenen Jahres gefallen.

"Wir ändern unseren geldpolitischen Kurs nicht"

Zugleich trat Trichet der Sorge entgegen, mit dem Ankauf von Staatsanleihen beschwöre die Europäische Zentralbank neue Inflationsgefahren herauf. "Wir ändern unseren geldpolitischen Kurs nicht. Es wird keine quantitative Lockerung geben. Wir werden die Liquidität, die wir in den Markt geben, hauptsächlich durch die Ausschreibung verzinslicher Termineinlagen wieder abziehen", sagte Trichet. "Was zählt, ist unsere Entschlossenheit und die Tatsache, dass wir unserem Ziel treu bleiben, Preisstabilität zu gewährleisten. Der EZB-Rat wird Inflation nicht tolerieren."

Die EZB hatte bereits am Montag damit begonnen, Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Staaten zu kaufen. Damit erleichtert sie diesen Staaten die Finanzierung an den Kapitalmärkten. Allerdings bergen die Käufe ein Inflationsrisiko, weil dabei Milliardenbeträge auf die Finanzmärkte strömen. Um dies zu verhindern, will die EZB das Geld an anderer Stelle wieder abziehen. Es wird erwartet, dass die EZB kommende Woche Details zur Neutralisierung der Anleihe-Käufe nennt.

"Beweis unserer Unabhängigkeit"

Kritik von Banken am Verhalten der EZB wertete der Zentralbankpräsident positiv. Wenn es sie gebe, liege das daran, "dass wir Dinge tun, um die sie uns nicht gebeten haben", antwortete Trichet auf eine entsprechende Frage. "Das ist doch ein Beweis unserer Unabhängigkeit von Interessengruppen", fügte er hinzu. Schließlich widerlege es, "dass wir auf Druck der Banken aktiv geworden sind".

(Ag.)

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