Film: Zur Versöhnung braucht's eine kräftige Suppe

Mithilfe der Expertin Miki (Popstar Seiko Matsuda) entdeckt Masato (Takumi Saito) Singapurs Küche.
Mithilfe der Expertin Miki (Popstar Seiko Matsuda) entdeckt Masato (Takumi Saito) Singapurs Küche.(c) Isabelle Lim/ Filmladen
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Das stille Familiendrama „Ramen Shop“ feiert die Küchen Japans und Singapurs – und deren emotionale Kraft.

Sie schlürfen und sehen glücklich dabei aus: Solche Gesichter sieht man oft im Film „Ramen Shop“, der sich im Grunde darum dreht, wie der ganz spezielle Geschmack einer Speise Erinnerungen wachrufen, uns innerlich berühren und wohlig stimmen kann. Wer nicht hungrig in diesen Film geht, der wird es. Schon in der ersten Szene werden in einer kleinen japanischen Suppenbar liebevoll Schüsseln voller Ramen angerichtet. Im Westen ist die kräftige Nudelsuppe (immer noch!) ein Trendgericht, in Japan gibt es Zigtausende Lokale, in denen die Brühe stundenlang in riesigen Töpfen vor sich hin köchelt, während die Gäste am Tresen mit Stäbchen und einem kleinen Schöpfer darüber herfallen.

Die Suche nach dem perfekten Ramen-Rezept hat 1985 die japanische Kulinariksatire „Tampopo“ thematisiert (in der auch erklärt wird, wie man das Gericht richtig verzehrt: „Zuerst das Schweinefleisch mit den Stäbchenspitzen sanft streicheln“). Auf Rezeptforschungsreise begibt sich auch in „Ramen Shop“ der Protagonist Masato (Takumi Saitoh) – den speziellen Geschmack, der ihn glücklich macht, muss er aber außerhalb der japanischen Konventionen suchen.

Liebesgeschichte in Rückblenden

Als sein Vater, ebenfalls ein Ramen-Koch, stirbt, reist er nach Singapur, die Heimat seiner noch früher verstorbenen Mutter, die aus einer Gastronomenfamilie stammte. Nicht nur, um sein Leben neu zu ordnen, auch um die vergessenen Aromen seiner Kindheit wiederzuentdecken. In Rückblenden werden die Liebesgeschichte und die familiären Dramen von Masatos Eltern rekonstruiert, während dieser, begleitet von einer Food-Bloggerin, die kulinarische Vielfalt Singapurs erkundet: Chili-Krabben, Fischkopfcurry, Hähnchenreis. Besonders angetan hat es ihm die Schweinsripperlsuppe Bak Kut Teh – vielleicht ist sie der Schlüssel zu einer neuartigen, köstlichen Ramen-Rezeptur? Der englische Filmtitel „Ramen Teh“ zeigt es schon: Es ist ein völkerverbindendes Stück Kino, das nun ab Freitag auch auf den österreichischen Leinwänden zu sehen sein wird.

Eric Khoo, der wichtigste Regisseur Singapurs, hat den Film mit japanischen Produzenten aus Anlass des 50. Jubiläums der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern gedreht. Das Verhältnis ist kein einfaches; im Zweiten Weltkrieg besetzte das japanische Militär den kleinen Inselstaat und verübte schreckliche Massaker an der Zivilbevölkerung. Das Trauma wirkt nach, im Film belastet es die Familie immer noch: Dass ihre Tochter einen Japaner geheiratet hat, hat Masatos Großmutter ihr nie verziehen. Berührend, wie sich die resolute Oma und der höfliche junge Mann nun endlich einander annähern, ohne dieselbe Sprache zu sprechen, nur über das gemeinsame Kochen, Schnuppern und Verkosten. Wer hätte gedacht, dass ein Schluck Suppe eine Familie vereinen kann?

Die Szenen in der Küche (fast will man mitschreiben) und am Esstisch sind die besten in diesem leisen, sinnlichen Drama, das sentimentale Momente nicht scheut – und dessen Dialoge oft seltsam konstruiert wirken, was wohl an der Untertitel-Übersetzung liegt. Letztlich zeigt der Film aber, dass es nicht immer Worte braucht, dass man auch beim Essen zusammenkommt – und das gar nicht so kitschig ist, wie es vielleicht klingt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2019)

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