Explosion auf der Wieden: Gespenstische Stille am Tag danach

Arbeiten in der Nähe des Unglücksorts Donnerstagfrüh.
Arbeiten in der Nähe des Unglücksorts Donnerstagfrüh.APA/HANS PUNZ
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Lokalaugenschein. Viele Bewohner stehen fassunglos hinter den Absperrbändern, Schaulustige kommen dazu: Am Morgen nach der Explosion in der Pressgasse bleibt die Straße weiter gesperrt. Die Feuerwehr sucht nach einer in den Trümmern vermissten Person.

Es ist eine fast gespenstische Stille, die am Donnerstag früh über dem Grätzel rund um die Pressgasse im vierten Bezirk liegt. Die Gasse selbst, in der sich am späten Mittwochnachmittag die Explosion ereignet hat ist am Donnerstag früh immer noch abgesperrt - die Feuerwehr sucht hier weiter nach einer in den Trümmern des Hauses vermissten Person, die Häuser rundum sind weiter evakuiert. Obwohl hinter dem Absperrband viel los ist, obwohl sich viele Schaulustige zu den Bewohnern mischen, obwohl der Morgenverkehr auf der Margaretenstraße vorbeifährt, ist es ungewöhnlich ruhig.

Viele die am Weg zur Arbeit (oder auch nur aus Neugier) vorbeikommen, bleiben stehen und blicken still und fassungslos in die schmale Pressgasse, an deren Ende das Haus steht, in dem sich die Explosion ereignet hat.

Auch die Straßen rundherum sind teils gesperrt, auch hier stehen Schaulustige an den Absperrbändern, aber immer wieder auch Bewohner der Pressgasse, die ihre Häuser verlassen musste und nach wie vor nicht zurück in ihre Wohnungen können. „Wir haben die Nacht in einer Notunterkunft im zwölften Bezirk verbracht“, erzählt ein Mann, der mit seiner Mutter eine Wohnung im Gemeindebau lebt, in dem sich die Explosion ereignet hat. Ihm und seiner Mutter sei nichts passiert, obwohl beide zur Zeit der Explosion in der Wohnung waren.

„Ich habe im Wohnzimmer ferngeschaut“, erzählt er. Nach dem lauten Knall sei er sofort mit seiner Mutter durch das Stiegenhaus ins Freie geflüchtet. Auf den Treppen war überall Schutt, den er teils wegräumen  musste, um hinaus zu kommen. Seine Wohnung, befürchtet er, sei wohl stark beschädigt worden - „von dem,  was ich auf den Fotos gesehen habe“. Genau weiß er es nicht: Seit der Explosion durften keine Anrainer mehr in die Straße. „Komm wir schauen ins Infocenter, vielleicht wissen wir dann mehr“, schlägt ein anderer Nachbar vor: Im Innenhof der nahen Neuen Mittelschule Schäffergasse wurde ein Infocenter für Betroffene und Angehörige eingerichtet, hier machen auch ein paar Rettungskräfte eine Pause. 

In den Straßen rund um die Pressgasse parken Rettungs- und Polizeiautos, Feuerwehrwagen, Übertragungswagen des ORF. Auch das Stadtservice Wien ist mit einem großen grauen Wagen vor Ort, auf dem - seltsam unpassend nach den Ereignissen - ein riesiges Bild eines lachenden Bürgermeister Ludwig klebt, der zum „Bürgermeistertag in Ihrem Bezirk“ lädt.

„Geht's euch eh gut?“ 

„Geht's euch eh gut? Wir haben uns schon Sorgen gemacht“, ruft eine Mutter mit ihrem Buben einer älteren Dame zu, die beim Absperrband vor der Pressgasse steht und ihren Blick kaum von dem halb zerstörten Haus wenden kann. „Unserer Wohnung dürfte nichts passiert sein“, sagt die Frau. „Aber bei den Nachbarn sind alle Fensterscheiben kaputt.“ Die Frau wohnt mit ihrem Mann im Nebenhaus des Gebäudes, in dem sich die Explosion ereignet hat. Immer wieder blicken die beiden in Richtung ihrer Wohnung. Die Nacht haben sie bei ihren Kindern verbringen können - wann sie wieder in ihre Wohnung können, wussten sie am Donnerstag vormittag nicht, erzählt die Frau. Ihr Mann, mit Tränen in den Augen, steht wortlos daneben.

Seit den frühen Morgenstunden sucht die Feuerwehr nach einer verschütteten Person im Haus. Eine Tote wurde wie berichtet in der Nacht von der Feuerwehr geborgen. Von der verschütteten Person gebe es kein Lebenszeichen, sagt Gerald Schimpf, Sprecher der Berufsfeuerwehr Wien, zur „Presse“. „Wir arbeiten daran, die Person aus dem Schuttkegel zu bergen“, sagt Schimpf. Wir müssen wirklich  Holzstück für Holztück, Mauerteil für Mauerteil abtragen unter größtmöglicher Schonung der Person und höchstmöglicher Sicherheit für die Einsatzkräfte.“

Belastender Einsatz

Für die Einsatzkräfte ist die Bergung äußerst belastend - auch wegen der hohen Außentemperaturen, weshalb das Team sehr häufig ausgetauscht wird. „Sie tragen trotzdem die volle Schutzausrüstung. Wenn man da eine halbe Stunde mit bloßen Händen gräbt, ist man fertig.“ 

Der Grund für die Explosion war am Donnerstag weiter unklar. Es sei durchaus möglich, sagt Feuerwehr-Sprecher Schimpf, dass diese wie von vielen vermutet im Zusammenhang mit Gas steht. Anrainer und auch Einsatzkräfte haben Gasgeruch wahrgenommen, allerdings: „Ob das die Unfallursache war oder ob die Gasleitungen erst durch eine Explosion zerstört wurden, „kann man noch nicht sagen“.

Gerhard Fida, Geschäftsführer der Wiener Netze, schloss am Donnerstag allerdings eine Undichtheit in der Hausleitung aus. Das hätten Messungen der Gaskonzentration im Keller des betroffenen Gebäudes in der Preßgasse ergeben, sagte Fida. "Es besteht keine unmittelbare Gefahr. Wir haben alle Leitungen in den benachbarten Straßen überprüft", betonte der Geschäftsführer. Dennoch wurden das teils eingestürtzte Haus sowie die Nachbarhäuser von der Strom- und Gasversorgung genommen - als reine Vorsichtsmaßnahme.

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