Hausgeschichte

Waldviertel: Ausgezeichnete Würzlmühle

Die Würzlmühle gewann den NÖ Holzbaupreis 2019.
Die Würzlmühle gewann den NÖ Holzbaupreis 2019.Kubesch
  • Drucken

Warum Wolfgang Kubesch unbedingt die Würzlmühle in Kirchberg an der Wild renovieren wollte - und was er dabei alles recycelte.

An Waldrand und Bach gelegen – diese Kriterien sollte das Traumhaus von Wolfgang Kubesch unbedingt erfüllen. In der Würzlmühle in Kirchberg an der Wild in NÖ wurde diese Vorstellung an einem trüben Februartag vor vier Jahren Realität. „Wir sind durch den Schnee gestapft und ich wusste: Das ist es“, erinnert sich Kubesch, der bereits am nächsten Tag die desolate, im 18. Jhdt. erstmals erwähnte Mühle kaufte. Genau so rasch begann der Neo-Waldviertler, der nach dem Verkauf seines Unternehmens eine Weltumsegelung gestartet und 15 Jahre als Segel- und Tauchlehrer an verschiedenen Orten gelebt hatte, mit der Restaurierung. „Eigentlich wollten wir nur den Wohntrakt herrichten, aber auf einmal war alles Baustelle.“

Einmal Generalüberholung


Und zwar wirklich alles: die kleine Brücke, die über eines der beiden Bächlein am Grundstück führt, musste verstärkt werden, um den Baufahrzeugen die Zufahrt zu ermöglichen. Im Inneren des Hauses wurden Fußbodenaufbauten, Leitungen und der Kanal erneuert. Zudem die Wände innen und außen abgeschlagen und neu verputzt, der Keller trocken gelegt und der Außenbereich drainagiert. Um das Aufsteigen von Feuchtigkeit in Zukunft zu verhindern, wurde eine horizontale Sperrschicht aus Bitumen und Edelstahl eingezogen. „Dafür werden die Mauern abschnittsweise mit einer Diamantsäge horizontal durchschnitten“, erklären Alexander Hagner und Ulrike Schartner vom Architekturbüro gaupenraub.


Eine Generalüberholung gab es auch fürs Dach: Die Sparren im Dachstuhl wurden aufgedoppelt und mit Stahlbändern versehen, das Dach neu eingedeckt. In die Zwischenräume kam zur Isolierung Zellulose: Wohnstandard unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte waren Kubesch und seiner Partnerin Anneliese Schneider ein Anliegen. Eine Fußbodenheizung sowie Bauteilaktivierung, gespeist mittels Erdwärme, sorgen für behagliche Wärme. Die Flächenkollektoren für die Erdwärme liegen im wildromantischen Garten, der das Haus umgibt, vergraben.
„Ich war jeden Tag auf der Baustelle“, erzählt Kubesch, der sich dabei in einem nahen Gasthof einquartiert hatte. „Der Bauherr war quasi unser Bauleiter“, sagen Hagner und Schartner. Erfahrung hatte Kubesch bereits durch die Renovierung zwei alter Bauernhäuser. Dennoch erlebte das Team so manche Überraschung: einmal tauchten alte Deckenmalereien auf, ein andermal kam ein Ziegelgewölbe zum Vorschein.
Der Einsatz hat sich gelohnt: Ein Jahr später konnte das Paar zumindest provisorisch einziehen. Im ehemaligen Wohntrakt liegen nun die Schlafräume, der Mühlenraum dient als Wohn- und Essraum sowie als Küche. Über eine Treppe erreicht man das Atelier der Hausherrin sowie die Sauna.

Ofen für Pizza und Brot


Zwei Aspekte waren Kub
esch bei der Renovierung der Würzlmühle, die vor kurzem mit dem NÖ Holzbaupreis ausgezeichnet wurde, besonders wichtig: den Charakter des Gebäudes als Mühle zu bewahren und zu erhalten, was vorhanden war. So wurde die an der Nordseite des Gebäudes liegende Laderampe zur Terrasse umfunktioniert. Dort befindet sich auch der Pizzaofen, in dem die Hausherrin immer wieder Brot bäckt. „Das war ein Bubentraum von mir“, sagt Kubesch. Küchen- und Badezimmermöbel wurden aus anfallendem Altholz getischlert, als Dunstabzug fungiert eine alte Schütte. Gebrauchte Säcke für Mehl und Co. wurden in einen Beleuchtungskörper integriert. Im Garten dienen alte Steine als Wege. Nur selten wurden Teile neu erworben, wie etwa die Dachflächenfenster, die an alte Industriefenster erinnern.


Neu, aus schwarzem Stahl, ist die Außentreppe, die die Einliegerwohnung im ausgebauten Dachgeschoß erschließt und den Hausherrn an seine Kindheit in Tirol erinnert. „Damit habe ich mir einen zweiten Bubentraum erfüllt.“ Ebenfalls Neubauten sind die beiden Schuppen. Der eine wich aus Altersgründen, der zweite fiel einem vom Sturm gefällten Baum zum Opfer. Dort richtet sich Kubesch seinen Honigraum für die drei Bienenstöcke ein. Um ihnen weitere Nahrungsquellen zur Verfügung stellen zu können, arbeitet Kubesch an seinem nächsten Projekt: einer 3500 m2 großen Streuobstwiese.

Zum Ort, zur Person

Der 200-Einwohner-Ort Kirchberg an der Wild liegt im nördlichen Waldviertel im Bezirk Zwettl. Die Mühle stammt aus dem 18. Jhdt. und war bis ins 20. Jhdt. aktiv. Im Zuge der Grenzöffnung wurde die Gegend belebter, der öffentliche Verkehr ausgebaut.
Häuser kosten im Bezirk Zwettl zwischen 450 und 1643,7 Euro/m2, Baugrundstücke zwischen 20,2 und 134,7 Euro/m2. Die vom erfahrenen Haus-Renovierer Wolfgang Kubesch sanierte Mühle gewann den NÖ-Holzbaupreis 2019.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Hausgeschichte

Das magische „Ausnahmehäusl“ von Pyhra

Ursprünglich wollte Josef Gerstl sein Geburtshaus in Pyhra in Niederösterreich abreißen. Doch das 450 Jahre alte Gemäuer wurde zu einem Ferienhaus der besonderen Art.
Der neue Altar aus Epoxitharz nimmt das Licht auf, bricht es und gibt es weiter.
Dominikanerkirche

Wiens erste frühbarocke Kirche erstrahlt in neuem Glanz

Nach der Renovierung: Wie aus dem „dunklen, dreckigen Ort“ eine „bildgewordene Theologie“ wurde.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.