"Sea-Watch" im Hafen von Lampedusa gelandet, Kapitänin festgenommen

Carola Rackete, the 31-year-old Sea-Watch 3 captain, is escorted off the ship by police and taken away for questioning, in Lampedusa
Carola Rackete, the 31-year-old Sea-Watch 3 captain, is escorted off the ship by police and taken away for questioning, in LampedusaREUTERS
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Die Kapitänin des Flüchtlings-Rettungsschiffes, Carola Rackete, wird vorerst auf Lampedusa unter Hausarrest gestellt. Ihr wird der Verstoß gegen das Seerecht und Beihilfe zur illegalen Migration vorgeworfen.

Nach mehr als zwei Wochen auf offener See hat das Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch mit 40 Migranten an Bord im Hafen der italienischen Insel Lampedusa angelegt. Die Kapitänin der "Sea Watch 3", Carola Rackete, wurde nach dem Anlegen von der italienischen Polizei festgenommen.

Rackete wird vorerst auf Lampedusa unter Hausarrest gestellt. Die Deutsche gab eine Wohnung auf Lampedusa als Domizil an, wie italienische Medien berichteten. Der 31-jährigen Kapitänin drohen zwischen drei und zehn Jahren Haft, weil sie Gewalt angewendet habe, um das Schiff in den Hafen von Lampedusa zu bringen.Die M Das Schiff soll beschlagnahmt werden. Der Kapitänin und der deutschen NGO Sea-Watch droht eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro.

Alle 40 Migranten, die 16 Tage lang an Bord des Rettungsschiffes "Sea-Watch 3" verbracht haben, sind auf Lampedusa gelandet. Die Migranten wurden registriert und in ein Flüchtlingslager der süditalienischen Insel untergebracht. Neben den Migranten waren 22 Besatzungsmitglieder und mehrere italienische Abgeordnete auf dem Schiff.

Kapitänin Rackete war Mitte der Woche trotz Verbots der italienischen Regierung in die Hoheitsgewässer des Landes gefahren. "Ich fahre in italienische Gewässer und ich bringe sie (die Migranten) in Sicherheit auf Lampedusa", hatte sie betont. Fünf  Länder - Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Portugal und Finnland - haben sich bereit erklärt, Migranten von dem Schiff zu aufzunehmen.

„Niemand hörte uns"

Die Organisation twitterte am Samstag früh, man habe vor fast 60 Stunden den Notstand ausgerufen. "Niemand hörte uns zu. Niemand übernahm Verantwortung. Einmal mehr ist es an uns, die 40 Geretteten in Sicherheit zu bringen." Sea-Watch-Geschäftsführer Johannes Bayer lobte Rackete: "Wir sind stolz auf unsere Kapitänin, sie hat genau richtig gehandelt. Sie hat auf dem Seerecht beharrt und die Menschen in Sicherheit gebracht", schrieb er auf Twitter.

Die italienische Regierung hatte vor zwei Wochen ein umstrittenes Sicherheitsdekret beschlossen, wonach Kapitäne, Eigentümer und Betreiber von Flüchtlingsschiffen mit bis zu 50.000 Euro Strafe sowie mit der strafrechtlichen Verfolgung wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung sowie mit Beschlagnahme der Schiffe rechnen müssen, wenn für die Einfahrt in die italienischen Hoheitsgewässer keine Genehmigung vorliegt.

Beinahre Zusammenstoß mit Zollboot

Der italienische Innenminister Matteo Salvini war der Kapitänin "kriminelles Verhalten" vor, sie habe unter anderem das Leben von Zollpolizisten aufs Spiel gesetzt. Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete, ein italienisches Zollboot habe versucht, das Rettungsschiff vom Anlegen abzuhalten, es hätte dann aber ausweichen müssen. Dabei sei knapp ein Zusammenstoß mit der "Sea-Watch 3" abgewendet worden, das Motorboot wurde leicht beschädigt, berichteten italienische Medien.

Neugebauer sagte, man habe die Hafenpolizei informiert, dass das Schiff in den Hafen der sizilianischen Insel fahren werde. "Die Menschen an Bord sind völlig erschöpft und verunsichert." Nun sei man erleichtert, den Hafen erreicht zu haben. Die Menschen sollten schnellstmöglich von Bord an Land und in Sicherheit gebracht werden.

Die "Sea Watch 3" hatte am 12. Juni vor der libyschen Küste insgesamt 53 Menschen gerettet. 13 von ihnen wurden unter anderem aus medizinischen Gründen bereits in den vergangenen Tagen nach Lampedusa gebracht. Seit gut zwei Wochen wartet die Organisation vergeblich auf eine Erlaubnis, in einen europäischen Hafen zu fahren.

Seit Jahren streiten die EU-Länder über einen Mechanismus zur Verteilung der Bootsflüchtlinge. Italiens rechtspopulistischer Innenminister Matteo Salvini verlangte nun konkrete "Garantien" der aufnahmebereiten Länder, bevor die Menschen von Bord des Schiffes gehen dürften. Daneben sei die Regierung "entschlossen", gegen jeden vorzugehen, der die Gesetze gebrochen habe. 

EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos bestritt unterdessen, dass Brüssel Italien im Umgang mit der Migrationsproblematik im Stich gelassen habe. "Leider denken einige EU-Mitgliedstaaten, das was an der italienischen Küste geschieht, nicht ihr Problem ist. Das ist falsch, denn die italienische Grenze ist die gemeinsame EU-Außengrenze", sagte Avramopoulos im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica" (Samstagsausgabe). Er dankte den fünf EU-Ländern, die sich zur Aufnahme der jüngsten "Sea-Watch 3"-Migranten bereit erklärt haben", so Avramopoulos.

(APA/dpa)

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