Manches war zu visionär

Handelsflaechen Manches visionaer
Handelsflaechen Manches visionaer(c) EPA (UDO WEITZ)
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Im Osten stehen viele Flächen in Shoppingcenters leer. Das ist jedoch nicht immer eine Ursache der Krise. Sondern eine Folge unzureichender Planung.

In einzelnen Ländern Zentral- und Osteuropas wurden in nur zwanzig Jahren mehr Shoppingflächen pro Einwohner aus dem Boden gestampft, als im restlichen Teil Europas über ein halbes Jahrhundert entstanden sind. „Die Leute wurden sicher von der rasanten Entwicklung in den letzten Jahren überrollt“, sagte Reinhard Winiwarter, Geschäftsführer der Standort Marketing Agentur, beim letztwöchigen Einkaufszentren-Symposium der RegioPlan Consulting.

Weitere Kenner der Lage sind ähnlicher Ansicht, etwa der Expansionsleiter von Peek & Cloppenburg (P&C), Frederik Kramer: „Auch gute Objekte, die alles haben, was ein Einkaufszentrum braucht, haben nun totalen Kundenmangel.“ Zu schnell wäre alles vonstattengegangen, so Winiwarter, der die Ausrichtung der Objekte kritisiert. „Es wurde häufig zu visionär gedacht. Ein Shoppingcenter war oft das falsche Objekt, ein Fachmarkt hätte besser gepasst.“

Viele Flächen stehen leer

Nicht wenige der 40 Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche, die es im Osten mittlerweile gibt, sind nun von Leerständen betroffen. Während Märkte wie Polen oder Slowenien sich recht stabil verhalten haben, ist das Geschäft in Russland und der Ukraine beispielsweise eingebrochen.

Gabor Rose, Franchisegeber der Bekleidungskette Jones, über die Lage: „Im russischen Raum schrumpft der Konsum um 30 Prozent, der Leerstand entwickelt sich dementsprechend.“ RegioPlan-Geschäftsführer Wolfgang Richter nennt einen Grund für die Entwicklungen: „Ausschlaggebend für Projekte waren nicht Kundenbedürfnisse. Es wurde allein wegen der Investmentmöglichkeiten gebaut.“ Kramer bestätigt: „Einige der immer schwächer frequentierten Einkaufszentren in Osteuropa sind nicht nur ein Zeichen der Krise, sondern auch der schlechten Planung.“ Leerstand ist die Folge – und dieser kann den Ruin einer Immobilie bedeuten. „Zehn Prozent sind akzeptabel“, definiert Richter eine Toleranzgrenze.

Nachschub ist im Anrollen

Die nächsten Zentren sind trotz allem schon in Planung: Nicht weniger als 1000 neue sollen in den nächsten Jahren entstehen. Warum eigentlich? „Das sind alles Projekte, die schon vor der Krise angebahnt wurden, bei denen bereits Vorleistungen erbracht wurden“, erklärt Standortberater Richter. So mancher will Investitionen, beispielsweise in Grundstücke, nicht abschreiben.

Ein Unternehmen, das im Osten noch viel vor hat, ist zum Beispiel die Textilkette C&A. Harald Aichberger von der Ceeres Immobilienmanagement GmbH ist verantwortlich für die Umsetzung der Expansion. Kriterien, die für ihn für die Wahl eines neuen Standorts ausschlaggebend sind: „Es zählen natürlich klassische Tugenden wie Einzugsbereich, Kaufkraft und Gratisparkplätze. Aber ich muss auch an das Projekt glauben.“

Als prominenter Mieter habe die Bekleidungskette Vorteile – es gebe jedoch nicht immer die passende Immobilie für die Bedürfnisse. In der Krise hätte man die Erfahrung gemacht, dass bereits fix geplante Standorte letztlich doch nicht umgesetzt wurden. „Man muss bei Einkaufszentren nicht so sehr über revolutionäre Konzepte nachdenken, sondern mehr über logische Evolutionen“, schlussfolgert daher Aichberger.

Verführbarer Konsument

Logisch ist, wie Philosoph und Publizist Ludwig Hasler beim Einkaufszentren-Symposium seine These vom „Menschen als verführbarem Tier“ auf den Punkt gebracht hat: „Am wohlsten ist mir in einer Konditorei, in der die Verkäuferin wirkt, als würde sie das ganze Angebot am liebsten selber vertilgen.“ Und das gilt wohl für Warschau und Kiew genauso wie für Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2010)

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