Hofburg-Wahl: Freispruch für Wahlleiter und Stellvertreter in Tirol

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Der Wahlleiter der Bezirkswahlbehörde Innsbruck-Land und sein Stellvertreter mussten sich wegen Amtsmissbrauchs verantworten.

Nach den Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidentenstichwahl im Mai 2016 haben sich am Montag am Landesgericht Innsbruck der Wahlleiter der Bezirkswahlbehörde Innsbruck-Land und sein Stellvertreter wegen Amtsmissbrauchs verantworten müssen. Sie sollen bereits am Wahlsonntag in Abwesenheit der übrigen Wahlbeisitzer die Briefwahlkarten "geschlitzt" - also geöffnet - haben. Sie wurden am Montagabend von den Vorwürfen freigesprochen.

Die beiden Angeklagten bekannten sich zu Prozessbeginn nicht schuldig. "Man hat mich bei der konstituierenden Sitzung der Bezirkswahlbehörde zu Vorarbeiten ermächtigt", sagte der Wahlleiter vor Gericht. Er zählte das Schlitzen bzw. Öffnen der Wahlkarten noch zu ebendiesen Vorbereitungsmaßnahmen. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter habe er noch am Sonntag die Wahlkarten geöffnet, die darin befindlichen Wahlkuverts jedoch verschlossen in Behältnisse gegeben. Ansonsten hätten sie sich aufgrund der hohen Anzahl an Wahlkarten nicht an die zeitlichen Vorgaben halten können. Ausgezählt wurden die Stimmzettel, wie vorgesehen, dann erst am Montag nach der Wahl.

Der Argumentation der Angeklagten, nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben, folgte auch Richter Norbert Hofer. Die damaligen gesetzlichen Bestimmungen hätten Interpretationsspielraum zugelassen. Zudem könne man keinem der beiden Angeklagten einen Schädigungsvorsatz unterstellen, so der Richter.

Geht das „Schlitzen“ zu weit?

Für den öffentlichen Ankläger zählte das Schlitzen der Wahlkuverts aber nicht mehr zu den Vorbereitungsmaßnahmen, die laut Gesetz bereits am Sonntag durchgeführt werden dürfen. "Beide Angeklagte wussten, dass sie mit dem Schlitzen der Wahlkarten bereits das geheime Wahlrecht verletzten", meinte der Oberstaatsanwalt. Auch das Argument der Zeitknappheit ließ er nicht gelten, denn auch andere Wahlbehörden, die nicht bereits am Sonntag die Wahlkarten geöffnet hatten, hätten es geschafft, so der Oberstaatsanwalt.

"Ich habe nie versucht irgendetwas zu vertuschen oder irgendjemanden hinter das Licht zu führen", beteuerte der Wahlleiter. Er sei der Meinung gewesen, dass er zum Schlitzen ermächtigt gewesen wäre. "Ich habe damals nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt", so der Beamte. "Wir waren der Meinung, dass wir das Schlitzen als Vorbereitungsmaßnahme schon am Sonntag durchführen dürfen", meinte auch der stellvertretende Wahlleiter.

Vorab-„Schlitzen“ für Stein nicht zulässig

Eine Ermächtigung der Wahlbehörde für den Bezirkswahlleiter, die ein vorzeitiges Schlitzen der Wahlkarten erlaubt, ist laut Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, nicht zulässig. "Ich hielte eine Ermächtigung nicht für gesetzeskonform", sagte Stein als Zeuge am Landesgericht Innsbruck.

Eine Anfrage, ob eine derartige Ermächtigung zulässig ist, habe es seitens der Bezirkswahlbehörde Innsbruck-Land bei der Bundeswahlbehörde nie gegeben. Man hätte sie aber wohl verneint, meinte Stein, weil laut Gesetz der Bezirkswahlleiter ab neun Uhr am Tag nach der Wahl die Wahlkarten unter Anwesenheit der Beisitzer zu öffnen habe.

Viele Zeugen ohne Erinnerung

Der ebenfalls als Zeuge geladene Vorstand der Abteilung Verfassungsdienst des Landes Tirol, Christian Ranacher, sah dies jedoch anders. Das damalige Gesetz habe die Möglichkeit einer derartigen Ermächtigung eingeräumt, meinte Ranacher. Erst der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis zur Aufhebung der Bundespräsidentenstichwahl diese Ermächtigungsmöglichkeiten sehr stark eingeschränkt. "Das Wahlgeheimnis ist durch das Öffnen der Wahlkarten aber nicht berührt", meinte Ranacher.

Die Wahlbeisitzer konnten sich vor Gericht großteils nicht mehr daran erinnern, wann die Wahlkarten tatsächlich geöffnet worden waren, da kaum jemand am Montagvormittag bei der Auszählung der Briefwahlstimmen anwesend war. Auch ob es eine Ermächtigung zum Öffnen der Wahlkarten gab, wussten viele der als Zeugen geladenen Beisitzer nicht mehr.

Wieder Anzeige in Klagenfurt

Auch an anderer Front gibt es in der Wahlkarten-Causa Neuigkeiten: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat zur Bundespräsidentschaftswahl 2016 eine neue Anklage am Landesgericht Klagenfurt eingebracht. Bezirkshauptmann Georg Fejan und einem weiteren Mitglied der Bezirkswahlbehörde Wolfsberg werden Amtsmissbrauch und falsche Beurkundung und Beglaubigung im Amt vorgeworfen. Die Anklage ist wegen eines Einspruchs noch nicht rechtskräftig.

"Konkret lautet der Vorwurf, dass die Angeklagten als Mitglieder der Bezirkswahlbehörde Wolfsberg in Abwesenheit der Wahlbeisitzer vor der Sitzung der Bezirkswahlbehörde Briefwahlkarten geöffnet haben sowie fälschlich in einer Niederschrift bestätigt haben, dass alle darin angeführten Mitglieder der Bezirkswahlbehörde beim Öffnen aller Briefwahlkarten anwesend waren", ließ die WKStA wissen. "In einer weiteren Niederschrift haben sie die Abhaltung einer Sitzung am Wahltag und ihre eigene Anwesenheit sowie die Anwesenheit der Beisitzer bestätigt, obwohl keine solche Sitzung stattgefunden hat."

Verfahren gegen Wahlbeisitzer in Kärnten eingestellt

Das Verfahren gegen die Wahlbeisitzer wurde gemäß einer Weisung eingestellt. Auch zwei Hilfskräfte der Wahlbehörde, denen Amtsanmaßung vorgeworfen wurde, kommen ohne Anklage davon. Mangels Anfangsverdachts wurde von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen. Termin für den Prozess gibt es noch nicht, zumal gegen die Anklage Einspruch erhoben worden und diese damit noch nicht rechtskräftig ist.

In Kärnten gab es in vier Bezirken Unregelmäßigkeiten. Aus Villach wurde nicht nur Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) rechtskräftig verurteilt sondern auch der zuständige Abteilungsleiter und fast alle Wahlbeisitzer. Das Verfahren gegen den Bezirkshauptmann von Villach-Land, Bernd Riepan, läuft noch. Der Prozess gegen Heinz Pansi, Bezirkshauptmann von Hermagor, hat noch nicht begonnen.

(APA)

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