Glyphosat-Machbarkeitsstudie: Totalverbot in Österreich nicht möglich

Auf einem Acker in Goslar im Vorort Vienenburg am Harz im Bundesland Niedersachsen bringt ein Landwi
Auf einem Acker in Goslar im Vorort Vienenburg am Harz im Bundesland Niedersachsen bringt ein Landwiimago/Martin Wagner
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Ein Totalverbot des Unkrautvernichters Glyphosat würde gegen das EU-Recht verstoßen. Der Einsatz kann aber eingeschränkt werden.

Ein Totalverbot des Unkrautvernichters Glyphosat ist in Österreich nicht möglich, da dies gegen EU-Recht verstoßen würde. Der Einsatz einzelner Produkte kann aber - auch deutlich - eingeschränkt werden. Das ist das zentrale Ergebnis der "nationalen Machbarkeitsstudie Glyphosat" der BOKU. Zudem konnte kein erhöhtes Risiko zu vergleichbaren anderen Pestiziden festgestellt werden.

Für die Untersuchung wurden von Wissenschaftern der Universität für Bodenkultur (BOKU) unter Mitarbeit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) 400 bestehende Studien erneut ausgewertet. Zudem gab es unter anderen Workshops mit Experten und Modellanalysen. Eine neue Studie über den Wirkstoff Glyphosat wurde aber nicht durchgeführt, da dies bereits seitens der EU umfangreich geschehen ist, erläuterte Siegrid Steinkellner, Studienautorin und Abteilungsleiterin für Pflanzenschutz an der BOKU, bei einem Hintergrundgespräch am Montag.

Die Auswirkungen von Glyphosat sind umstritten: Während etwa die europäische Lebensmittelbehörde Efsa das Pestizid für unbedenklich hält, wurde es von der International Agency for Research on Cancer (IARC) als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. Steinkellner gab aber zu bedenken, dass auf dieser Liste - neben anderen Chemikalien - auch Nachtarbeit, heiße Getränke und rotes Fleisch zu finden sind. "Wer am Wochenende gegrillt hat, hat sich vielen Gefahren ausgesetzt", meinte die Wissenschafterin.

Die Eckpunkte der Machbarkeitsstudie halten Glyphosat demnach auch nicht für gefährlicher als vergleichbare Pestizide. Die Rückstandsdaten der erhältlichen Produkten ließen auf "keine Gefahr für die menschliche Gesundheit" schließen. Von 1.124 in Österreich untersuchten Lebensmittelproben aus konventioneller Produktion lag eine Probe (Honig) über dem Rückstandshöchstgehalt. In 92 Prozent der Proben waren keine Rückstände bestimmbar.

Zudem würden keine gesicherten Belege vorliegen, dass "Glyphosat die Artenvielfalt stärker beeinflusst als andere Maßnahmen zur Unkrautregulation". "Die analysierten Studien über Glyphosat-Effekte auf Pflanzen, Mikroorganismen und Tiere ergeben keinen fachlich fundierten Rückschluss auf einen Rückgang der Biodiversität durch Glyphosat-Einsatz", heißt es in dem Bericht.

„Keine Alternativen"

Laut der Studie gibt es zudem im Ackerbau "keine alternativen Herbizide mit vergleichbarer Wirkungsbreite". Modellergebnisse hätten gezeigt, dass alternative Behandlungsverfahren negative ökonomischen Auswirkungen hätten. Die Änderungen im Deckungsbeitrag auf den Anwendungsflächen würden demnach bei günstigen Bedingungen bis zu minus neun Prozent, bei mäßigen Bedingungen bis zu minus 36 Prozent und bei ungünstigen Bedingungen bis zu minus 74 Prozent betragen.

Das Totalverbot ist aber schon rein rechtlich nicht möglich: Ein "nationaler Alleingang" wäre nur unter zwei Bedingungen durchführbar. Es müssten neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorgelegt werden, die bei der EU-weiten Zulassung von Glyphosat 2017 nicht bekannt waren. Oder es müssten spezielle Probleme etwa für Umwelt oder Gesundheit nachgewiesen werden, die es nur in Österreich, aber in keinem anderen EU-Staat, gibt.

Die Machbarkeitsstudie räumt aber sehr wohl ein, dass der Einsatz von Glyphosat eingeschränkt werden kann. Zwar kann der Wirkstoff nicht verboten werden, aber der Einsatz einzelner Produkte - etwa bei der privaten Nutzung - eingeschränkt werden.

Dass die Studie just einen Tag vor der Abstimmung über ein Glyphosatverbot im Nationalrat vorgestellt wurde, war Steinkellner zufolge nicht geplant. Das Team habe ein Jahr lang "unter Hochdruck gearbeitet", am Freitag habe der Direktor die Studie frei gegeben. Danach wollte man die Ergebnisse "schnellst möglichst" kommunizieren.

(APA)

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