"Schuldenbremse" soll im Herbst in die Verfassung

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NATIONALRAT: MEINL-REISINGER / WOeGINGERAPA/HANS PUNZ
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Ein neuer Anlauf zu einer in der Verfassung verankerten „Schuldenbremse“ kommt - die nötige Zweidrittelmehrheit im Nationalrat wollen ÖVP, FPÖ und Neos stellen. Im Bundesrat wird es hingegen schwierig.

ÖVP, FPÖ und Neos unternehmen einen neuen Anlauf zur Verankerung der "Schuldenbremse" in der Verfassung. Ein entsprechender Antrag soll am Dienstag eingebracht und im Herbst beschlossen werden. Dass die neuen Regeln dann tatsächlich in Kraft treten, gilt aber als ausgeschlossen: Die SPÖ lehnt sie weiter ab und kann das Vorhaben im Bundesrat blockieren.

Mit dem in einer gemeinsamen Pressekonferenz im Parlament vorgestellten türkis-blau-pinken Antrag würde die einfachgesetzlich bereits seit 2017 geltende "Schuldenbremse" in den Verfassungsrang gehoben. Das Defizit des Bundes darf demnach maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, jenes der Länder und Gemeinden in Summe maximal 0,1 Prozent. Höhere Schulden machen darf der Staat in Wirtschaftskrisen, "außergewöhnlichen Notsituationen" und bei Naturkatastrophen. Allerdings müssen diese Überschreitungen auf einem "Kontrollkonto" verbucht und in weiterer Folge wieder abgebaut werden.

Meinl-Reisinger: „Manchmal geht es dann ganz schnell“ 

ÖVP-Klubchef August Wöginger und Ex-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs von der FPÖ lobten das Vorhaben als Zeichen von "Hausverstand". "Man kann auf Dauer nicht mehr ausgeben, als man einnimmt", sagten Fuchs und Wöginger unisono. "Es ist ein Bohren von harten Brettern. Es geht sehr, sehr langsam etwas weiter und manchmal geht es dann ganz schnell", sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger über die Einigung.

Tatsächlich sind die drei Parteien aber auf eine Stimme aus den Reihen der freien Abgeordneten angewiesen, um die nötige Zweidrittelmehrheit zu erlangen, nachdem der Abgeordnete David Lasar den FPÖ-Parlamentsklub im Juni verlassen hatte. Aus der ÖVP hieß es gegenüber der „Presse“, man sei diesbezüglich bereits in Gesprächen. Die benötigte Stimme könnte somit von Lasar, Efgani Dönmez (früher ÖVP) oder Martha Bißmann (früher Liste Pilz) kommen.

SPÖ: „Keine Maßnahme“ für fortschrittliche Politik

Die SPÖ lehnt das Vorhaben allerdings weiterhin ab und kann es im Bundesrat blockieren. Der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried wertet die Schuldenbremse als wiederholten Versuch der ÖVP, das Parlament am Arbeiten zu hindern, wie er parallel zur Pressekonferenz in der Plenardebatte sagte: "Der wahre Grund für diese ganzen Ambitionen ist, dass sie es nicht akzeptieren wollen, dass sie erstmals seit 30 Jahren im Parlament überstimmt werden."

Später wiederholte Leichtfried, dass es ein Ja der SPÖ im Bundesrat „eher nicht“ geben werde. Abschließend bewerten wollte der Vizeklubchef den Umstand zwar nicht, da er den Antrag erst kurz davor erhalten habe. Er sagte aber, dass er das türkis-blau-pinke Vorhaben für „keine Maßnahme, die fortschrittliche Politik ermöglicht“. Leichtfried verwies auch auf Aussagen des SPÖ-Budgetsprechers, Kai Jan Krainer, der die Schuldenbremse als „Investitionsbremse“ tituliert hatte, die den Kampf gegen den Klimawandel behindern würde.

Türkis-blaue Initiativen von Schuldenbremse betroffen?

Wöginger räumte auf Nachfrage ein, dass man sich der im Bundesrat nötigen Zustimmung der SPÖ nicht versichert hat. Man werde der SPÖ den Antrag zukommen lassen, so der ÖVP-Klubobmann. Wenn die SPÖ eine nachhaltige Budgetpolitik wolle, dann könne sie im Bundesrat zustimmen, meinte er: "Die SPÖ hat die Möglichkeit, im Bundesrat zuzustimmen, dann geht es durch."

Dass auch die ÖVP selbst mit dem geplanten Beschluss von Steuersenkungen und höheren Mindestpensionen bei langer Erwerbstätigkeit gegen die Schuldenbremse verstoßen könnte, wies Wöginger zurück. Denn beides sei in der mittelfristigen Haushaltsplanung (der abgewählten türkis-blauen Regierung, Anm.) vorgesehen gewesen. Die deutlich höhere Kostenschätzung des Sozialministeriums (420 statt 60 Millionen Euro jährlich) teile er nicht.

Zumindest bei den Mindestpensionen sieht Meinl-Reisinger die Sache allerdings anders. Sie will den Antrag daher im Ausschuss weiter diskutieren und ansonsten nicht zustimmen, obwohl sie das Anliegen grundsätzlich unterstützt. "Mit der Schuldenbremse können wir solche Beschlüsse nicht fassen", sagte Meinl-Reisinger angesichts der ungeklärten Kostenfrage bei den Mindestpensionen.

(APA)

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