Ein Internierungslager für Migranten kam zwischen die Fronten des Bürgerkriegs. Dutzende Gefangene aus Somalia, Eritrea und dem Sudan fielen einem Luftangriff zum Opfer.
Istanbul/Tripolis. Das Flüchtlingslager in Tajoura war ein Ort der Verzweiflung – in der Nacht zum Mittwoch wurde das Lager zum Tatort eines Massakers. In einem Hangar in Tajoura, einem Vorort der libyschen Hauptstadt Tripolis, lebten mehr als 600 Männer, Frauen und Kinder aus Ostafrika, nachdem sie bei der Überfahrt nach Italien mit Unterstützung der EU auf dem Meer aufgegriffen und nach Libyen zurückgebracht worden waren. Tajoura liegt mitten im Kampfgebiet des libyschen Bürgerkriegs. Schon im Mai schlug in der Nähe des Lagers ein Geschoss ein und verletzte zwei Menschen. Jetzt wurde das Lager aus der Luft angegriffen. Mindestens 44 Menschen starben.
Zwei Luftangriffe hätten sich gegen das Lager gerichtet, berichteten Überlebende und Hilfsorganisationen. Getroffen wurde ein Bereich des Hangars, in dem rund 150 Männer aus dem Sudan, Eritrea und Somalia schliefen, wie Al Jazeera meldete. Fast jeder Dritte von ihnen wurde getötet. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete von zerfetzten Leichen unter den Trümmern des zerstörten Hangars. Mehr als 130 weitere Menschen wurden verletzt, teilte die UNO mit.
In Libyen, das seit dem Sturz von Ex-Diktator Muammar Gaddafi vor acht Jahren ohne zentrale Regierung ist, kämpfen zwei Lager um die Macht: die international anerkannte Führung in Tripolis und eine Gegenregierung im Osten des Landes mit dem Kommandeur Khalifa Haftar. Im Chaos des Bürgerkriegs organisieren Milizen und Schlepperbanden den Transport von Flüchtlingen aus Afrika und Nahost über das Mittelmeer nach Italien. Die EU unterstützt die libysche Küstenwache dabei, die Menschen auf hoher See abzufangen und nach Libyen zurückzubringen.