Am Mittwoch war es so weit: Wolfgang Eder übergab den Voest-Chefsessel an Herbert Eibensteiner. Der Langzeit-Boss hinterlässt einen der profitabelsten Stahlkonzerne der Welt. Eine steile Vorgabe für den Nachfolger.
Wien. Handelskrieg, Protektionismus, Klimawandel: Dem neuen Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner dürfte nicht langweilig werden. Langzeit-Vorstandschef Wolfgang Eder, eine fixe Größe in der österreichischen Industrielandschaft, hat die Agenden am Mittwoch auf der Hauptversammlung offiziell an seinen Nachfolger übergeben. Eder hatte 41 Jahre im Stahlunternehmen verbracht, davon 15 Jahre an der Konzernspitze.
Eders Abschieds verlief allerdings nicht ganz nach Plan. Seine Wahl in den Aufsichtsrat verzögerte sich. Schon im Vorfeld hatten Kleinanleger Eders fliegenden Wechsel vom Vorstand ins Kontrollgremium kritisiert. Eder sieht darin keine Schwierigkeit. Im angloamerikanischen Raum und in der Schweiz sei das „völlig normal“, sagte er kürzlich zur „Presse“. Nachdem allerdings ein kritischer Aktionär auf Fehler beim Wahlvorschlag in den Aufsichtsrat verwiesen hatte und eine Anfechtungsklage ankündigte, wurde die Hauptversammlungen unterbrochen. Erst mit Verspätung zog Eder in den Aufsichtsrat ein.
Eder, der auch als Chef der Industriellenvereinigung im Gespräch ist, hinterlässt einen der profitabelsten Stahlkonzerne der Welt. Die Voest hat in seiner Ära 7,6 Mrd. Euro verdient. „Mich drückt nicht der große Abschiedsschmerz“, sagte er vor der Hauptversammlung. Aufsichtsratschef Joachim Lemppenau verabschiedete den Langzeit-Boss mit viel Lob: Dieser habe erkannt, dass „einfach nur Stahl“ zu wenig sei, und die Voestalpine „zu einem internationalen Unternehmen“ mit Sitz in Österreich gemacht. Und jetzt kommt der neue Voest-Chef Eibensteiner, bisher Leiter der Stahlsparte. Sein Nachfolger werde sich wohl unter anderem mit dem „neuen Protektionismus“ auseinandersetzen müssen, so Eder.
Langjähriger Weggefährte
Der 55-jährige Eibensteiner nannte vor den Aktionären auch selbst einige Herausforderungen für die nächsten Jahre. Bleibe der Handelskrieg bestehen, müsse man die Logistik- und Produktionsbereiche überdenken. Ebenfalls noch nicht geklärt sei, wie die Stahlproduktion der Zukunft aussehe, die man brauche, um die Klimaziele zu erreichen. Darüber hinaus werde sich in der Autoindustrie, die laut Eibensteiner ein Viertel des Konzernumsatzes ausmacht, zeigen, welche Antriebstechnologie sich durchsetzt. „Bis 2025 muss es klar sein, wie es weitergeht, und dann wird ein großer Schritt auf der Investitionsseite nötig sein“, sagte er.
Der neue Voest-Chef ist Maschinenbau-Ingenieur und ein langjähriger Weggefährte Eders. Er gilt als Garant, dass Eders Strategie für die Voest – weg vom Stahlproduzenten, hin zum Stahlverarbeiter – fortgesetzt wird. Auch sei er maßgeblich an der forcierten Internationalisierung des Segments Autoindustriezulieferung beteiligt gewesen, hieß es vor einem Jahr, als der Aufsichtsrat den künftigen Chef verkündete. (hie/APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2019)