Das Märchen vom Röschen

Es begab sich anno 1958 mitten in Belgien: Bei der Weltausstellung bekam Brüssel mit dem Atomium ein hypermodernes Wahrzeichen, das in eine strahlende Zukunft wies.

Zur selben Zeit ward im Stadtteil Ixelles ein Mädchen geboren, die Tochter eines deutschen EWG-Kabinettschefs. Die Eltern tauften das Kind – eines von deren sieben – auf den altdeutschen Namen Ursula, bedachten es alsbald mit dem Kosenamen Röschen. Vielleicht, weil es so salbungsvoll sprach und huldvoll sang – und es zu Höherem berufen schien. Geboren in Brüssel – wenn das kein Fingerzeig sein sollte!

Ihre Vita liest sich wie ein Märchen. Die Liebe zu Pferden und zur Musik war ihr in die Wiege gelegt; die politische Begabung liegt in den Genen – vererbt von Ernst Albrecht, ihrem Vater, der es zum Ministerpräsidenten gebracht hat und beinahe auch zum CDU-Chef und Bundeskanzler. Dessen Erbe sollte Röschen weiterführen – jedoch erst, nachdem sie ihr Medizinstudium abgeschlossen und sieben Kinder auf die Welt gebracht hatte. Alles zu seiner Zeit.

Angela Merkel berief Röschen alias Ursula von der Leyen, ihre Allzweckwaffe, zur Familien-, Arbeits- und Verteidigungsministerin. Merkels Nachfolge blieb ihr dann zwar verwehrt, nicht aber der Griff nach den EU-Sternen. Als sich alles verdüsterte in Brüssel, erschien Röschen wie eine schimmernde Fee am Firmament. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2019)

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