Welle der Kirchenaustritte droht. Die nächsten Wochen entscheiden.
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Vorangestellt sei, dass die vatikanisch-katholische Kirche jahrein, jahraus predigt, vor Gott seien alle Menschen gleich. Schon wegen dieser Begründung habe ich das Recht, zu den aktuellen Vorgängen in der Kärntner Kirche eine eigene Meinung zu haben.
Desgleichen bin ich als Mitglied der katholischen Kirche, das pünktlich und bis auf den letzten Cent seine Beiträge entrichtet, berechtigt, Stellung zu nehmen. Diese Präambel sei jenen gewidmet, die mich wegen dieser Zeilen vorschnell der Anmaßung und Unbotmäßigkeit zeihen werden.
Besondere Geschmacklosigkeit
In den vergangenen Tagen habe ich mich des Gefühls nicht mehr erwehren können, dass mich der Vatikan für blöd verkaufen will.
Zuerst bezeichnet der Nuntius die Versetzung von Alois Schwarz nach St. Pölten als Aufstieg; dann befördert der Vatikan den Militärbischof zum Apostolischen Administrator in Klagenfurt, was ich schlicht und einfach für eine besondere Geschmacklosigkeit halte, die mit dem Begriff Defensor fidei wohl nicht das Geringste zu tun hat. Die Gurker Diözese hat sich höchstens gegen Vatikanische Angriffe zu verteidigen.
Nebenbei sei bemerkt, dass ich es mit dem Militär nicht so habe. Ich war Zivildiener, der seinen Wunsch, den Dienst für die Republik ohne Waffe zu leisten, noch begründen musste. Ich habe damals wahrheitsgemäß angegeben, dass Jesus Christus in der Gewaltlosigkeit mein Vorbild ist, weshalb mich das Militärische am Bischof, der in Kärnten nach dem Rechten sehen soll, mehr als irritiert.
Langer, negativer Nachklang
Der an schlichter Intelligenz kaum zu übertreffende Versuch des Nuntius, die Schwarz'sche Rochade schönzureden, wird in Kärnten lang und negativ nachklingen. Die Zeiten sind – Gott sei Dank! – vorbei, als sich niemand getraute, den geweihten Herren zu widersprechen. Auch der untaugliche „Nuntianische“ Versuch, einen Kärntner Slowenen als Bischofskandidaten zu präsentieren, ist nur vordergründig. Jeder halbwegs politisch gebildete Zeitgenosse weiß, dass ein Slowene, wiewohl ein absolut österreichischer Staatsbürger, in Kärnten nichts werden darf, auch nicht in der ach so gerechten Kirche. Dies ist reinste Augenauswischerei . . .
Nach dem Für-dumm-Verkaufen sei auch gesagt, dass nach Alois Schwarz kein geweihter Herr es noch jemals wagen möge, mich als Mitglied der vatikanisch-katholischen Kirche als Sünder zu apostrophieren – und sei es im sogenannten übertragenen Sinn. In diesem Fall würde ich nicht davor zurückschrecken, den ersten Stein zu werfen.
Nichtsdestotrotz haben wir in Kärnten einen hausgemachten Priester, der mehr als geeignet wäre, zum Bischof ernannt zu werden und den Stall auszumisten. Leider kann ich nicht seinen Namen nennen, weil ich ihm dadurch schaden würde.
Die Kraft des Heiligen Geistes
Sollte er der Nachnachfolger Egon Kapellaris werden, glaube ich an die Kraft des Heiligen Geistes in einem Land, das zweisprachig ist und in dem zum Leidwesen vieler bilinguischer Menschen der aus dem einsprachigen Kärntner Lesachtal stammende Diözesanadministrator nicht die geringste Sensibilität für das Besondere des Landes bewiesen hat. Wobei ihm zugute zu halten ist, dass er womöglich mit seiner diffizilen Aufgabe überfordert war.
Die nächsten Wochen werden entscheiden, ob die Kirchenaustritte in Kärnten zu stoppen sein oder weiter zunehmen werden.
Janko Ferk ist Jurist, Schriftsteller und lehrt an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Zuletzt erschien sein Essayband „Die Kunst des Urteils. Rezensionen zur deutschsprachigen Literatur“ (LIT-Verlag, Wien).
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2019)