Kapitänin Rackete will Salvini wegen Verleumdung klagen

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Die Antwort des italienischen Innenministers: "Fürchte eine reiche und verwöhnte deutsche Kommunistin nicht“. NGOs retten weitere Flüchtlinge im Mittelmeer.

Die "Sea-Watch 3"-Kapitänin Carola Rackete will Italiens Innenminister Matteo Salvini wegen Verleumdung verklagen. "Wir haben bereits eine Klage gegen Minister Salvini vorbereitet", sagte Racketes Anwalt Alessandro Gamberini am Freitag im Rundfunk. Unterdessen kündigte Malta die Aufnahme von mehr als 50 Menschen an, die von einem Segelboot der Organisation Mediterranea aufgenommen worden waren.

Es sei "gar nicht leicht gewesen, alle Beleidigungen zu erfassen, die Herr Salvini in den vergangenen Wochen ausgesprochen hat", sagte Racketes Anwalt Gamberini. Eine Verleumdungsklage sei ein "Signal". Salvini hatte die deutsche Kapitänin unter anderem als "Nervensäge" und "verbrecherische Kapitänin" bezeichnet und erklärt, Rackete habe "versucht, fünf italienische Soldaten zu töten".

Von der drohenden Verleumdungsklage zeigte er sich unbeeindruckt. "Sie verstößt gegen die Gesetze und attackiert italienische Militärschiffe, und dann verklagt sie mich", erklärte er in Online-Netzwerken. "Ich habe keine Angst vor der Mafia, also stellt Euch eine reiche deutsche und verwöhnte Kommunistin vor... Küsschen."

Salvini legt sich mit Malta an

Rackete war in der Nacht auf Samstag auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa festgenommen und unter Hausarrest gestellt worden, nachdem sie das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" mit 40 Migranten an Bord trotz des Verbots der italienischen Behörden in den Hafen gesteuert hatte. Am Dienstag erklärte eine italienische Richterin ihre Festnahme für ungültig und ordnete ihre Freilassung aus dem Hausarrest an.

In einem getrennten Verfahren wird Rackete Beihilfe zur illegalen Einwanderung vorgeworfen. Darum soll es bei einer weiteren Anhörung am kommenden Dienstag gehen.

Ein weiterer Streit Salvinis mit der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea um ein Flüchtlings-Rettungsschiff wurde am Freitag durch die Ankündigung der maltesischen Regierung ausgebremst, mehr als 50 Flüchtlinge aufzunehmen. Italien werde im Gegenzug 55 Migranten aus Malta aufnehmen, erklärte die Regierung in Valetta.

Die Abmachung zwischen den beiden Ländern bedeute nicht, dass die Verantwortlichkeiten im Fall Mediterranea geklärt seien, erklärte Malta. Sie füge sich aber ein "in eine Initiative, die den europäischen Geist der Kooperation befördert".

Deutschland könnte Migranten von „Alan Kurdi“ aufnehmen

Das Mediterranea-Segelboot "Alex" war am Donnerstag der libyschen Küstenwache zuvorgekommen und hatte nach eigenen Angaben 54 Migranten an Bord genommen. Malta sprach von 55 Menschen. Das Schiff lag am Freitag nahe der italienischen Insel Lampedusa, eskortiert von dem spanischen Hilfsschiff "Open Arms". 13 Migranten an Bord der "Alex", mehrheitlich Kinder und ihre Eltern und vier schwangere Frauen, konnten das Schiff verlassen. Sie wurden an Bord eines Schiffs der italienischen Küstenwache genommen und sollen nach Sizilien gebracht werden, wie italienische Medien berichteten. Salvini hatte am Donnerstagabend ein Dekret unterzeichnet , um der Mediterranea die Einfahrt in italienische Gewässer zu untersagen. Das Hilfsbündnis erklärte das Dekret für "unrechtmäßig".

Das Rettungsschiff "Alan Kurdi" der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye nahm am Freitag nach eigenen Angaben 65 Menschen auf, die an Bord eines überladenen Schlauchbootes über das Mittelmeer nach Europa gelangen wollten. Das Schlauchboot sei vor der libyschen Küste in internationalen Gewässern entdeckt worden, teilte Sea-Eye mit. Es war demnach manövrierfähig und mit ausreichend Treibstoff versorgt, hatte aber weder ein GPS-fähiges Telefon noch andere Navigationshilfen an Bord.

Die deutsche Regierung wollte eine Aufnahme von Flüchtlingen, die sich an Bord der "Alan Kurdi" befinden, nicht ausschließen. Allerdings müsste es dann "im Geiste der Solidarität mehrere EU-Staaten geben, die sich an der Aufnahme beteiligen", sagte eine Sprecherin des deutschen Innenministeriums. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, es setze sich auf EU-Ebene in Brüssel für eine "schnelle Lösung" ein.

Vor der Küste Tunesiens befürchteten Helfer nach einem Bootsunglück am Montag den Tod von mehr als 80 Menschen. Drei Menschen überlebten das Unglück, die Leiche einer Frau wurde in der Nacht auf Freitag an einem Strand im Süden des Landes angeschwemmt.

(APA/ Reuters)

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