Die Nominierung von Charles Michel ermöglicht dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einen direkten Einfluss auf Planung und Ablauf von Treffen des Europäischen Rats.
Brüssel. Die Einigung auf das künftige Führungspersonal der EU-Institutionen zu Beginn der Woche war mühselig und nicht von besonderer Transparenz geprägt, doch zumindest ein führender Akteur des dreitägigen Brüsseler Gipfeltreffens darf zufrieden sein: Für Frankreichs Staatspräsidenten, Emmanuel Macron, ist die Personenliste für die Spitzenämter ein zu Hause dringend benötigter europapolitischen Erfolg auf voller Breite. Frankreich hat zumindest bis Ende Mai 2022 die Zügel in Europa fest im Griff – und das liegt in erster Linie an der Person des neuen Präsidenten des Europäischen Rats, Charles Michel.
Liberales Kleeblatt
Der 43-jährige Belgier gehört nämlich zu jenem liberalen Kleeblatt, das sich seit Monaten bei regelmäßigen Treffen eng abstimmt. Neben Macron und Michel sind das Luxemburgs Regierungschef, Xavier Bettel, sowie der Ministerpräsident der Niederlande, Mark Rutte. Einer der wichtigsten politischen Erfolge dieses liberalen Quartetts ließ sich rund um den informellen Europäischen Rat im rumänischen Sibiu erkennen: In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sie sich, mit vier anderen Staaten, dafür aus, dass Europa bis zum Jahr 2050 netto keine neuen Treibhausgasemissionen ausstoßen soll. So ein ambitioniertes Ziel, das eine komplette Umstellung der industriellen und verkehrspolitischen Grundlagen erfordern würde, ist natürlich ohne Europas größte Wirtschaftsmacht, Deutschland, nicht zu erreichen. Angela Merkel sträubte sich in Sibiu noch gegen das 2050-Ziel. Ein paar Tage später jedoch schwenkte sie, auch unter dem Eindruck der landesweiten Klimaproteste und des Erstarkens der deutschen Grünen, ein. Keine zwei Monate später sind nur mehr Ungarn, Polen, Tschechien und Estland dagegen, dass sich die Union zu diesem klimapolitischen Grundsatzziel verpflichtet.