Die Besitzer von Praterdome & Co. befürchten durch das Nichtraucherschutzgesetz Klagen von Anrainern wegen Lärmbelästigung. Die Chancen für die geforderte Ausnahmeregelung sieht Jurist Mayer als gering.
Wien. Bis im Praterdome, Kaktus und Stehachterl getrunken und getanzt wird, dauert es noch knapp zwölf Stunden. Die Besitzer der Szenelokale versammeln sich am Freitagvormittag rund um den Tisch einer Wiener Anwaltskanzlei für ein Hintergrundgespräch. Rauchen ist hier verboten, mahnt ein Aufsteller. Bald soll das auch für Nachtlokale gelten.
Das beschlossene Nichtraucherschutzgesetz, das ab 1. November gilt, sieht keine Ausnahme für die Nachtgastronomie vor.
„Teufelsgeld“ für Umbauten
Für Stefan Ratzenberger, den Sprecher der soeben gegründeten Interessengemeinschaft von Lokalbesitzern, ist die neue Regelung zum Scheitern verurteilt: „Das ist kein Gesetz. Das ist eine reine Übergangslösung.“ Denn wenn die Besucher zukünftig zum Rauchen vor die Tür gehen müssen, sei das eine nicht zumutbare Lärm- und Rauchbelästigung für die Anrainer. Die Betreiber erwarten eine Welle an Klagen, die zu nachträglichen Auflagen, einer früheren Sperrstunde oder gar zur Schließung von Clubs und Bars führen könnte.
Die Lokalbesitzer fordern eine Ausnahmeregelung für nächtlich betriebene Gastronomiebetriebe, damit sich diese weiterhin in Raucher- und Nichtraucherbereiche teilen können. Für „Teufelsgeld“ sei bereits in dementsprechende Umbauarbeiten und Filteranlagen investiert worden. Mit einem Antrag an den Verfassungsgerichtshof wolle man die Ausnahme erreichen. Darin stützt sich die Interessengemeinschaft neben dem „Recht des Rauchers auf ein Privatleben bzw. einen individuellen Lebensstil“ auf die Rechte der Betreiber, etwa auf die „Eigentums- und Erwerbsfreiheit“. Anwalt Florian Berl, der die Besitzer vertritt, sieht einen klaren Unterschied zum Rest der Gastronomie durch Öffnungszeiten und Verweildauer der Gäste. Außerdem würde es zu einer Wettbewerbsverzerrung kommen, da nicht alle Lokalitäten in Siedlungsgebieten liegen und vom Nachbarschutz betroffen seien. Wann der Antrag beim Verfassungsgerichtshof eingebracht wird, ist noch unklar, dafür müsse es erst eine unmittelbare Betroffenheit der Antragsteller geben.
Chancen für Antrag gering?
Verfassungsjurist Heinz Mayer schätzt die Erfolgschancen für den Antrag im Gespräch mit der „Presse“ als „gering“ ein. „Das öffentliche Interesse am Gesundheitsschutz ist neben dem Anrainerschutz wohl das stärkere Argument.“ Für Verfassungswidrigkeit müsse die Verschlechterung plötzlich, unvorhersehbar und intensiv ausfallen. „Der Nichtraucherschutz ist aber schon lang Thema.“
Ungefähr 800 Unternehmer hätten ihre Unterstützung für den Antrag zugesichert. Auch rund hundert Anrainer, um deren Wohl sich die Nachtlokalbesitzer sehr besorgt zeigen, sollen sich österreichweit bereits der Interessengemeinschaft angeschlossen haben. „Diese sind bei der Gesetzgebung zur Gänze übergangen worden“, sagt Ratzenberger.
Mit den ebenfalls betroffenen Shishalokalen wolle man keine gemeinsame Sache machen. In diesem Fall sei, anders als bei Nachtlokalen, die grundsätzliche Geschäftsidee betroffen. Holger Pfister, einer der Besitzer des Praterdome, findet klare Worte: „Die Shishalokale müssen ihren eigenen Kampf führen.“ (wal)
AUF EINEN BLICK
Nach jahrelanger Diskussion: Am Dienstag stimmten die Abgeordneten aller Parteien – außer der FPÖ – einem Rauchverbot in der Gastronomie ab 1. November 2019 zu. Das Verbot gilt auch für Shishas und E-Zigaretten. Neben den Nachtgastronomen kündigte auch ein Branchenvertreter der Shishalokale rechtliche Schritte an.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2019)