Gedränge bei den Grünen, Umrühren bei den Neos

Bundessprecher Werner Kogler wurde bei den Grünen zum Spitzenkandidaten gewählt.
Bundessprecher Werner Kogler wurde bei den Grünen zum Spitzenkandidaten gewählt.APA/HERBERT PFARRHOFER
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Zwei Parteien setzen am Samstag ihre Kandidatenlisten für die Nationalratswahl fest. Bei den Neos kam es noch zu Umschichtungen des ersten Wahlvorschlags.

Die Neos wählen am Samstag Beate Meinl-Reisinger zur Spitzenkandidatin und die Listen für die Wahl am 29. September. Im Vorfeld der Mitgliederversammlung hat der Vorstand den bisher bekannten Wahlvorschlag noch einmal kräftig umgereiht. Sollten die Neos ihr Ergebnis von 2017 (5,3 Prozent) wie erwartet ausbauen, könnten damit alle Abgeordneten, die erneut kandidieren, den Wiedereinzug schaffen.

Zum Auftakt kritisierte EU-Abgeordnete Claudia Gamon die Aussagen von Ex-FPÖ-Chef und -Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video als "Angriff auf die Demokratie" und forderte mehr Transparenz. "Wir werden diesen Staat aus seiner Bequemlickeit, dieser Parteiendemokratie herausholen", so Gamon. Scharfe Kritik übte sie an den jüngsten Beschlüssen des Nationalrats: "Wir machen nicht mit beim Wahlzuckerlverteilen, bis das ganze Land zuckerkrank ist."

Bisherige Mandatare abgesichert

Die Mitgliederversammlung ist - nach der offenen Online-Vorwahl und der Abstimmung im Neos-Vorstand am Freitag - der letzte von insgesamt drei Wahlgängen über die pinken Kandidatenliste. Ungefährdet ist dabei trotz dreier Gegenkandidaten Meinl-Reisingers Position als Spitzenkandidatin. Dahinter könnte es zwar noch Umreihungen geben. Allerdings hat der erweiterte Vorstand der Neos am Freitag dafür gesorgt, dass die bisherigen Abgeordneten großteils über wählbare Plätze auf der Bundesliste oder den Landeslisten abgesichert scheinen.

Dazu hat der Vorstand das Ergebnis der Online-Vorwahl noch umgereiht: Die bisher hinter Meinl-Reisinger an zweiter Stelle gereihte Stephanie Krisper scheint nun am fünften Listenplatz auf. Sie ist freilich als Listenerste über die Wiener Landesliste abgesichert. Auf der Bundesliste vor Krisper stehen vorerst - also vor dem Votum der Mitglieder - die Abgeordneten Sepp Schellhorn, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff und Gerald Loacker, die kein erfolgreiches Landesmandat in Aussicht haben.

Wackeln könnte nach derzeitigem Stand noch das Mandat von Michael Bernhard. Er wurde durch den Vorstand aber immerhin vom elften auf den sechsten Platz auf der Bundesliste vorgereiht. Karin Doppelbauer steht aktuell zwar nur am 15. Platz der Bundesliste. Sollte die Mitgliederversammlung sie als Spitzenkandidatin in Oberösterreich bestätigen, hätte sie dort allerdings gute Chancen auf ein Mandat auf der Landesliste.

Griss kandidiert nicht mehr

Die Abstimmungen in der Mitgliederversammlung werden sich voraussichtlich über den ganzen Tag ziehen. Meinl-Reisinger wurde mit 96,1 Prozent der 691 abgegebenen Stimmen als Spitzenkandidatin bestätigt. 377 Parteimitglieder waren den Neos zufolge in die Wiener Sophiensäle gekommen, der Rest nahm per Stimmrechtsübertragung an der Abstimmung teil. Parteigründer Matthias Strolz hatte 2017 mehr als 98 Prozent der Mitgliederstimmen erreicht.

Einen weiteren Spitzenplatz könnten die Neos außerdem noch an einen - wohl prominenten - Quereinsteiger vergeben. Ob und an wen eine solche "Wild Card" vergeben wird, sollte noch im Juli feststehen. Irmgard Griss und Doris Hager-Hämmerle kandidieren nicht mehr. Letztere war erst im Juli für die ins EU-Parlament gewechselte Gamon in den Nationalrat nachgerückt.

98,58 Prozent für Kogler

Auch die Grünen schließen am Samstag auf einem Bundeskongress in Wien ihre Kandidatenauswahl für die Nationalratswahl ab. Bundessprecher Werner Kogler wurde dort zum Spitzenkandidaten gewählt. Der Bundessprecher erhielt mit 98,58 Prozent der Delegiertenstimmen fast einhellige Unterstützung. 209 der 212 gültigen Stimmen entfielen auf ihn. Gegenkandidaten gab es keine.

Die Frage, ob er die Wahl annehme, beantwortete er mit: "Ja, Dankeschön." Für den Urnengang Ende September versprühte er Optimismus. "Wir haben vor zwei Jahren gemeinsam verloren. Jetzt werden wir gemeinsam wieder gewinnen", sagte Kogler. Mit 98,58 Prozent schnitt Kogler besser ab als die 2017 letztlich glücklose Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek mit 96,5 Prozent. Eva Glawischnig erreichte 2013 94 Prozent, und Alexander Van der Bellen kam bei seinem besten Abstimmungsergebnis als Spitzenkandidat 2002 auf 95,2 Prozent. Die Grünen können sich Hoffnungen machen, am 29. September den Wiedereinzug in den Nationalrat zu schaffen.

Mehr Gedränge gibt es um die weiteren Plätze auf der Bundesliste. 26 Personen bewerben sich um die insgesamt 14 zur Wahl stehenden Positionen. Rechnet man die auch in Wahlkreisen oder auf den Landeslisten vorne stehenden Kandidaten mit, gelten die Bundeslistenplätze bis höchstens acht oder neun als aussichtsreich.

Gewessler auf Platz zwei, Hamann auf drei, Reimon vier

Es treten arrivierte Personen an, aber auch prominente Neueinsteigerinnen wie Madeleine Alizadeh, besser bekannt als Bloggerin "Dariadaria". Außerdem bewerben sich Global-2000-Chefin Leonore Gewessler, die Journalistin Sibylle Hamann und die bisherige „Jetzt“-Mandatarin Alma Zadic um einen Platz. Gewessler kam auf der Bundesliste auf Platz zwei (99,52 Prozent, 207 von 208 gültigen Stimmen), Hamann auf Platz drei (91,50 Prozent, 183 von 200 gültigen Stimmen).

Auf Platz vier setzte sich der bisherige EU-Mandatar Michel Reimon mit 87,44 Prozent gegen Alexander Spritzendorfer durch. Zuvor hatte Nina Tomaselli, Spitzenkandidatin in Vorarlberg und stellvertretende Bundessprecherin der Grünen, "zugunsten des großen Ganzen" ihre Kandidatur zurückgezogen.

Zadic bittet um Vertrauensvorschuss

Platz fünf erhielt Zadic, die 2017 für die Liste des Ex-Grünen Peter Pilz in den Nationalrat eingezogen war. "Meine Vision ist eine grüne Vision, dafür will ich meinen Beitrag leisten", warb sie für Unterstützung. "Ich weiß, es ist nicht einfach, aber ich stehe mit Demut vor euch und bitte euch, mir diesen Vertrauensvorschuss zu geben." Die Delegierten quittierten dies mit 77,66 Prozent Zustimmung, womit sich Zadic gegen Bettina Bergauer durchsetzte.

Zu Beginn des Bundeskongresses in der Ankerbrotfabrik wurde Kogler mit Standing Ovations und lang anhaltendem Dauerklatschen, aber ohne Einzugsmusik oder sonstiges Zeremoniell begrüßt. "Wer hätte gedacht, dass wir Grüne die Herzen der Menschen wieder erreichen mit unserer glaubwürdigen Politik?", zeigte sich die Wiener Grünen-Chefin und Vizebürgermeisterin, Birgit Hebein, zum Auftakt fast perplex. Die Grünen hätten dazugelernt und sich geöffnet. Ihr Fazit: "Ich bin überzeugt, es wird ein guter Tag."

(APA/Red.)

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