Schul-Ombudsfrau: "Es brennt im Umfeld der Kinder"

Clemens Fabry
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Die Schul-Ombudsfrau im Bildungsministerium, Susanne Wiesinger, fordert bessere Elternarbeit und Sanktionen gegen nicht-kooperative Erziehungsberechtigte. Probleme sieht sie nicht nur in Wien, sondern auch in anderen Ballungsräumen.

Die Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte im Bildungsministerium, Susanne Wiesinger, wünscht sich eine bessere Durchmischung an Schulen, eine Verstärkung der Elternarbeit sowie mehr Ressourcen an den Standorten. Den Eltern müssten Angebote gemacht werden - gleichzeitig müsse man aber auch Sanktionen setzen, wenn sie nicht angenommen werden. Das sagt Wiesinger im Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA).

Die Lehrerin und Buchautorin ("Kulturkampf im Klassenzimmer") hat ihren Arbeitsplatz an einer Wiener Neuen Mittelschule (NMS) im Februar mit dem Bildungsministerium getauscht. Mit einer Mitarbeiterin kümmert sie sich um Mails oder Anrufe von Lehrern, Eltern oder Direktoren, besucht Schulen und tauscht sich mit Bildungsdirektoren, Sozialarbeitern und Schulaufsicht aus. Im nächsten Jahr soll ein Bericht erscheinen, in dem die größten Probleme in Sachen Integration herausgearbeitet werden.

Probleme - nicht nur in Wien

Hotspots ihrer Arbeit seien die Neuen Mittelschulen, aber auch Volksschulen und Berufsschulen in den Ballungsräumen, so Wiesinger: "Probleme gibt es in ganz Österreich - nicht nur in meiner Schule, nicht nur in Favoriten, nicht nur in Wien. Es sind Probleme im Ballungsraum, auch in Nieder- und Oberösterreich, der Steiermark, in Tirol und Vorarlberg."

Häufigstes Anliegen, das an sie herangetragen werde, seien Berichte von Lehrern über Probleme ihrer Schüler. "Sie erzählen mir deren Probleme in den Familien. Meine erste Frage ist dann immer: Wurde bereits das Jugendamt eingeschaltet? Das ist in 90 Prozent der Fälle aber schon passiert", so Wiesinger. "Die Lehrer wenden sich an mich, weil sie die Ohnmacht bedrückt. Sie sagen sich: Ich habe schon so einen Stapel von Gefährdungsmeldungen, aber die Situation hat sich noch immer nicht verbessert."

Sie selbst müsse dann klarstellen, dass sie die Lage kurzfristig auch nicht verbessern könne. "Aber ich kann dokumentieren, Lösungsvorschläge der Lehrer, Direktoren und Sozialarbeiter aufnehmen und öffentlich machen." An den Brennpunktschulen werde tolle Arbeit geleistet, deren Autonomie müsse gestärkt werden: "Es brennt nicht an der Schule, es brennt im Umfeld der Kinder."

Druck auf nicht-kooperative Eltern erhöhen

Als Lösungsansätze sieht Wiesinger einerseits eine bessere ethnische bzw. soziale Durchmischung der Schulen. "Da hat man viel verschlafen gerade im Ballungsraum." In einigen Bezirken Wiens und auch in Graz werde es deshalb sehr schwer werden - "weil so viele autochthone Österreicher werden sie dort nicht finden". Dort müsse man dann zumindest zwischen den einzelnen ethnischen Gruppen für Durchmischung sorgen. In kleineren Ballungsräumen sei es auch noch nicht zu spät: "In einer Stadt wie Innsbruck kann man das schaffen. Da braucht es aber auch politisches Rückgrat, wenn man sagt: 'Du fährst mit deinem Kind bitte noch eine Busstation weiter.'"

In Sachen Elternarbeit plädierte Wiesinger für mehr Angebote und Unterstützung sowie mehr Ressourcen. Wenn diese Angebote von den Eltern aber nicht angenommen werden, müsse es Konsequenzen geben: "Und Geld tut am meisten weh. Mit hat ein syrischstämmiger Sozialarbeiter gesagt: Ihr müsst Klartext mit den Leuten reden. Es wird nicht gehen, wenn ihr sagt: 'Bitte schick deine Tochter zum Schwimmunterricht.' Er wird es nicht tun. Aber er wird es tun, wenn du ihm sagst: 'Sonst musst du Strafe zahlen.' Auch wenn es natürlich nicht stimmt." Es gehe darum, die Eltern ins Boot zu holen, aber auch etwas von ihnen zu fordern. "Wir werden nicht ernstgenommen, wenn wir das nicht tun."

„Schulpolitik ist Parteipolitik"

In der Politik ortet Wiesinger durchaus Problembewusstsein. "In allen Bildungsdirektionen hat man ein offenes Ohr und die sehen das ähnlich." Allerdings: "Schulpolitik ist Parteipolitik, das ist sie schon ewig. Je nachdem, welcher Partei man sich zugehörig fühlt, deren Linie muss man nach außen vertreten." Viele würden daher im persönlichen Gespräch anders agieren als nach außen. Dazu kämen noch unabhängig von der politischen Farbe Spannungen zwischen Bund und Ländern. "Es herrscht keine Blauäugigkeit, aber leider agiert man nach außen oft blauäugig."

(APA )

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