Café Bregenz

(c) imago images / Kickner (bruno kickner)
  • Drucken

Eines der schönsten Dinge, die uns Landkinder beim Aufwachsen begleitet haben, war der innere Drang, immer groß zu träumen.

Zu Praktikums-, Studien- und Tourismuszwecken immer wieder in London weilend, war es ein großer Traum meines besten Freundes und von mir, dort ein kleines Café zu eröffnen. Weil es in London aber schon ein paar Cafés gibt, haben wir jahrelang über ein ungewöhnliches Konzept nachgedacht. Das Nachdenken ging so aus: Den Laden nennen wir „Bregenz“, und verkaufen tun wir unsere fünf liebsten Lebensmittel, die da wären: Kaffee, Diezano, Kässpätzle, Börek und Krautsalat ohne Kümmel. Ich bin, was das Konzept betrifft, noch immer hin- und hergerissen zwischen total avantgardistisch und komplett irre. Die Briten haben Humor, und die Londoner sind offen für alles, denke ich mir. Ich denke mir aber auch: Da kommt ein Gast rein, und dem musst du dann auf der Landkarte Bregenz zeigen und Diezano erklären. Wie soll das gehen? Das funktioniert nicht mal in Wien. Jedenfalls wurden die Pläne zwischenzeitlich wieder verworfen, nach der Brexit-Wahl kam kurz die Idee auf, „Bregenz“ in Lissabon zu eröffnen, damit wollten wir es den Briten so richtig zeigen, indem wir ihre Hauptstadt nicht mehr als Teil unserer hehren Ziele für würdig befanden.

Eines der schönsten Dinge, die uns Landkinder beim Aufwachsen begleitet haben, war der innere Drang, immer groß zu träumen. Wir sind nach der Schule zu der Bregenzer Festspielbühne, haben uns in den obersten Reihen breitgemacht und uns gefragt, was die Welt denn sonst noch so bietet außer Schularbeiten und dieser verrückten Seebühne da unten. Die Stadtkinder haben wir immer beneidet um ihre U-Bahn, bei uns kam der Bus ja alle Hundert Jahre und brauchte für vier Kilometer gefühlte drei Stunden, weil jedes Haus höchstpersönlich befahren wurde.

Heute bin ich natürlich nirgends lieber als am Bodensee. „Wie ist das jetzt mit dem Café?“, frage ich kürzlich meinen besten Freund. Er sagte, wir werden das Café selbstverständlich eröffnen, nur halt in der Pension, und auch nicht in London, sondern in. . . Bregenz. „Und der Name bleibt gleich??“ Natürlich, sagte er. Café Bregenz in Bregenz, man muss groß träumen.

E-Mails an: duygu.oezkan@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.