Designierte Präsidentin ringt um Mehrheit und könnte Generalsekretär Selmayr behalten.
Brüssel. Für Ursula von der Leyen, die deutsche Verteidigungsministerin und designierte neue Präsidentin der Europäischen Kommission, geht es in diesen Tagen ums Ganze. In Treffen mit allen vier großen politischen Fraktionen des Europaparlaments bemüht sich von der Leyen, verbindliche Zusagen für deren Zustimmung bei ihrer Wahl am Dienstag in einer Woche in Straßburg zu erhalten.
Eine Schlüsselrolle kommt den Grünen zu: Sie sind mit 75 Abgeordneten viertgrößte Fraktion und die großen Gewinner der Europawahlen. Am Montag traf von der Leyen die grünen Fraktionschefs, die Deutsche Ska Keller und den Belgier Philippe Lamberts. Wahlweise heute, Dienstag, am Mittwoch oder nächsten Montag wird sie der gesamten Fraktion Rede und Antwort stehen.
Wie Lamberts vorige Woche gegenüber der „Presse“ erklärte, fordern die Grünen erstmals einen Kommissarsposten. Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rates, unterstützt dieses Vorbringen: „Ich werde an alle meine Partner appellieren, die Grünen bei den Nominierungen einzubeziehen. Ich hoffe, dass auch Ursula von der Leyen meinen Appell erhört.“
Auf Personalebene sorgte die Kommission heute mit der ausdrücklichen Feststellung für Aufsehen, dass es keine Regel gebe, die es verbiete, dass der Generalsekretär der Kommission und ihr Präsident aus demselben Land kommen. Somit könnte der Deutsche Martin Selmayr auch unter von der Leyen im Amt bleiben. Seine Bestellung zum Generalsekretär im vorigen Jahr war nach Ansicht der EU-Ombudsfrau und des Europaparlaments rechtswidrig erfolgt. Er wird als effizient und kompetent geschätzt, hat sich allerdings auch viele Feinde im Haus, bei nationalen Regierungen und in den Medien gemacht. (GO)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2019)