Aus für Amsterdams Rotlichtviertel?

Bürgermeisterin Femke Halsema will Prostitution in Amsterdam neu organisieren.
Bürgermeisterin Femke Halsema will Prostitution in Amsterdam neu organisieren. (c) REUTERS (PIROSCHKA VAN DE WOUW)
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Die Bürgermeisterin der Grachtenmetropole will Prostitution neu regeln. Das könnte das Ende für die berühmten, rot erleuchteten Fenster in „De Wallen“ bedeuten.

Amsterdam. Viele Touristen, die nach Amsterdam reisen, kommen nicht nur, um sich die „Nachtwache“ von Rembrandt im Rijksmuseum anzusehen, oder die grell-gelben Sonnenblumen von Vincent van Gogh im Van-Gogh-Museum. Sie kommen auch, um den weltberühmten Rotlichtbezirk zu besuchen, den Red Light District, in dem leicht bekleidete Damen hinter rot beleuchteten Fenstern sexuelle Dienste anbieten. De Wallen, wie das Rotlichtviertel in Amsterdam genannt wird, ist eine der große Touristenattraktion der Stadt – und völlig überlaufen.

2018 besuchten 25 Millionen Gäste die Stadt – die meisten von ihnen wollen auch die sündige Meile im ältesten aus dem 13. Jahrhundert datierenden Stadtviertel der niederländischen Hauptstadt sehen. Die meisten Touristen werfen einen Blick auf die erotischen Angebote, sie besuchen die vielen Sexshops, das Erotiktheater Casa Rosso oder eine der vielen Kneipen und urigen Restaurants in De Wallen. „Kijken, kijken, maar niet kopen“, nennen das die Niederländer. „Gucken, gucken, aber nicht kaufen.“

Respektloser Umgang

Nun will die Bürgermeisterin von Amsterdam, Femke Halsema, dem Sexbusiness im Rotlichtviertel das Handwerk legen. Sie und mit ihr der grün-linke Stadtrat denken darüber nach, das Rotlichtviertel zu schließen. „Wir haben verschiedene Szenarien, was mit De Wallen passieren soll. Eines davon ist, dass es keine Fenster mehr geben wird, hinter denen Frauen ihre sexuellen Dienste anbieten“, sagt Bürgermeisterin Halsema.

Fakt ist: Derzeit gibt es 330 rot beleuchtete Fenster mit Prostituierten dahinter, die ihre Dienstleistungen zum Standardtarif ab 50 Euro offerieren. „Die Sexarbeiterinnen hinter den Fenstern sind nur noch eine Touristenattraktion“, meint Halsema. Und das sei nicht mehr zeitgemäß. Prostituierte würden von respektlosen Touristen mit dem Smartphone gefilmt oder geknipst.

Ein Szenario, das der Stadtrat derzeit ausloten lässt, ist die Schließung des Rotlichtviertels. Die Prostitution soll dann in Hotels oder Erotikcentern anderswo in der Stadt stattfinden. „Die Gründung von Hotels für Prostituierte ist eine der Lösungen“, so Bürgermeisterin, um die Fenster entlang der Grachten um den Oudezijds Voorburgwal zwischen Hauptbahnhof und Damplatz wegzubekommen. Eine weitere Möglichkeit: das Verbot der Fenster, wobei die Bordelle in De Wallen bleiben sollen. Zusätzlich könnte man Eintritt in gewisse Teile des Viertels verlangen.

Entscheidung im September

„Wir müssen einen neuen, sicheren und gut funktionierenden Markt für die Prostitution entwickeln, in dem es weniger Kriminalität und keinen Frauenhandel mehr gibt“, sagte die 53-jährige Stadtchefin. Eine Entscheidung darüber, wie das Geschäft mit dem Sex in Amsterdam künftig organisiert werden soll, wird nach der Sommerpause im September getroffen.

Seit April gilt bereits eine Neuerung im Rotlichtviertel: Touristenführungen durch die engen Gassen dürfen nur noch bis 19 Uhr stattfinden. Ab Jänner 2020 werden diese gänzlich verboten. Zudem brauchen die Reiseführer eine öffentliche Zulassung, müssen sich einem Qualitätscheck unterziehen und strenge Verhaltensregeln befolgen. Jede Woche werden immerhin rund 1000 Gruppen durch das Viertel geschleust.

Bewohner des Viertels und Unternehmer klagen schon seit Langem, dass sie unter den Besuchermassen leiden. Für Touristen, die sich schlecht benehmen, wurden Strafen eingeführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2019)

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