Sea Watch will Spendengelder mit anderen Seenotrettern teilen

Eine Aktivistin auf der  „Alan Kurdi", auf einem von  "Sea-Eye" veröffentlichten Bild.
Eine Aktivistin auf der „Alan Kurdi", auf einem von "Sea-Eye" veröffentlichten Bild.SEA-EYE
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Die Solidaritätswelle für Kapitänin Carola Rackete soll auch anderen NGOs nutzen. Die italienische Regierung will die eigene Marine zum „Schutz“ vor weiteren Schiffen in ihren Häfen einsetzen.

Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch will die gesammelten Spenden für die Kapitänin Carola Rackete mit anderen Seenotrettern teilen und nutzen. "Es wird ein Gremium gebildet, weil wir das Geld möglichst effektiv für die Seenotrettung einsetzen wollen, nicht nur für Sea-Watch, sondern wir wollen gemeinsam schauen, wo es am dringendsten gebraucht wird", sagte Sprecher Ruben Neugebauer.

In diesem Gremium seien unter anderem Vertreter von Hilfsorganisationen und von dem Netzwerk Seebrücke, das sich für die Rettung von Geflüchteten auf dem Mittelmeer einsetzt. Ein Teil der Spenden soll für die Verfahrenskosten von Rackete verwendet werden.

Nach der Festnahme der 31-Jährigen in Italien gab es eine Welle der Solidarität. Allein über den Aufruf der Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf kamen bisher knapp eine Million Euro zusammen.

Rackete stammt aus Niedersachsen. Sie ist mittlerweile wieder auf freiem Fuß, gegen sie wird aber in Italien weiter ermittelt. Sie war mit dem Schiff "Sea-Watch 3" und Dutzenden Migranten an Bord unerlaubt in den Hafen von Lampedusa gefahren.

Weitere Seenotrettungen

Kurz nach ihrer Rückkehr ins Einsatzgebiet im Mittelmeer vor Libyen hat die deutsche Hilfsorganisation Sea-Eye mit ihrem Schiff „Alan Kurdi" 44 Migranten gerettet. Der Einsatz sei in Kooperation mit den maltesischen Behörden erfolgt, erklärte die Organisation aus Regensburg am Montagabend auf Twitter.

Die Menschen seien auf einem Holzboot unterwegs gewesen, das zuvor von dem privaten Suchflugzeug "Colibri" ausgemacht worden war. "Ein Schiff der maltesischen Marine ist nun auf dem Weg, um sie (die Migranten) von der Alan Kurdi zu übernehmen und an Land zu bringen", twitterte Sea-Eye. Eine Bestätigung aus Malta gab es zunächst nicht.

Erst am Sonntag hatte sich die Inselrepublik bereit erklärt, 65 von Sea-Eye gerettete Migranten an Land zu lassen. Die "Alan Kurdi" war daraufhin ins Einsatzgebiet zurückgekehrt. Italien hatte die Einfahrt des Schiffs verboten.

47 weitere Migranten sind am Dienstag im Hafen der sizilianischen Stadt Pozzallo gelandet. Sie befanden sich an Bord eines Bootes, als sie von der italienischen Küstenwache gerettet wurden. Die Migranten, darunter zehn Frauen, stammen aus Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste), Kamerun und Tunesien, wie italienische Medien berichteten.

Italien „schützt“ Häfen mit Marine

Rettungseinsätze von privaten Seenotrettern endeten zuletzt immer wieder in langen Hängepartien oder mit der Beschlagnahmung von Rettungsschiffen.  Schiffe der italienischen Marine und der Polizei sollen indes zum "Schutz" der italienischen Häfen eingesetzt werden. Dies beschloss am Montagabend das Komitee für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, das in Rom unter der Leitung des italienischen Innenministers Matteo Salvini tagte. Ziel sei ein aktiverer Kampf gegen die Schlepperei, verlautete aus dem Innenministerium in Rom.

Die EU-Kommission fordert die Mitgliedsstaaten auf, sich auf vorläufige Regeln zur Verteilung von Flüchtlingen zu einigen. "Die Herausforderungen der Migration können nicht nur in der Verantwortung von Italien und Malta liegen, nur weil sich diese Staaten am Mittelmeer befinden", sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos der "Welt" laut Vorab-Bericht aus der Dienstag-Ausgabe.

Einzelfalllösungen soll es nicht mehr geben müssen

Bis die neuen Regeln zur Verteilung von Flüchtlingen umgesetzt würden, fordere er daher alle EU-Mitgliedsländer auf, "ihre Arbeit zu beschleunigen und vorläufige Vereinbarungen zu finden, wie mit den Menschen umzugehen ist, wenn sie die Rettungsschiffe verlassen haben". Dabei müssten Situationen wie im Fall der "Sea Watch 3" und der "Alan Kurdi", aber auch ähnliche Vorfälle, in denen die Kommission Einzelfalllösungen zwischen den Mitgliedstaaten koordiniert habe, verhindert werden, so Avramopoulos.

"Nächste Woche werden wir das erste EU-Innenminister-Treffen unter finnischer Ratspräsidentschaft abhalten – ich hoffe, dass wir dort vorankommen können", sagte Avramopoulos. Zugleich müsse die EU aber auch mit Drittstaaten zusammenarbeiten, um zu verhindern, dass Menschen bei der Flucht ihr Leben riskierten. Dabei sollten jene, die Schutz durch eine Umsiedlung benötigten, auf legalem Wege nach Europa kommen.

(APA/dpa)

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