Salvini will Strafen für NGO-Schiffe massiv erhöhen

Salvini bei einem Auftritt im italienischen Fernsehen.
Salvini bei einem Auftritt im italienischen Fernsehen.imago images / Independent Photo
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Italiens Innenminister verschärft den Kurs gegen private Seenotretter im Mittelmeer. Künftig sollen sie eine Million Euro zahlen, wenn sie italienische Häfen ansteuern. Dabei kommen immer weniger Flüchtlinge in Italien an.

Italiens rechte Regierungspartei Lega hat am Dienstag im Parlament einen Abänderungsantrag zum Sicherheitspaket eingebracht, mit dem die Strafen für Hilfsorganisationen, die trotz eines Verbots italienische Häfen ansteuern, drastisch erhöht werden. Die Strafe wird von 50.000 auf eine Million Euro angehoben.

Der Antrag muss jetzt noch vom Parlament verabschiedet werden, in dem die Koalition aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung über eine solide Mehrheit verfügt. Mit höheren Strafen hofft Innenminister Matteo Salvini, die NGO-Schiffe zu stoppen, die zuletzt zwei Mal trotz Italiens Verbot Migranten nach Lampedusa gebracht haben. Zudem solle es leichter werden, die Schiffe zu beschlagnahmen, so Salvini.

Die italienische Regierung hatte erst im Juni ein umstrittenes neues Sicherheitsdekret erlassen, das eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro und die Beschlagnahmung des Schiffes für ein verbotswidriges Anlegen in italienischen Häfen vorsieht. Sein Land lasse sich nicht erpressen und heiße auch nicht das Vorgehen von Menschen gut, die italienische Gesetze brechen und Menschenhändlern helfen würden, wiederholte Salvini zuletzt.

Am Samstag hatte das Schiff "Alex" der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea im italienischen Lampedusa angelegt, obwohl das Innenministerium dies untersagt hatte. Die Besatzung hatte dies damit begründet, dass sie angesichts der Gesundheits- und Hygienebedingungen an Bord keine Wahl gehabt habe als den nächsten Hafen anzusteuern. Salvini hatte die Besatzung zuvor aufgefordert, die 54 hauptsächlich afrikanischen Migranten nach Tunesien zu bringen.

Salvini in geschlossenem Flüchtlingslager

Um seine Politik zu untermauern, besuchte Salvini am Dienstag die Kleinstadt Mineo bei Catania, in der Anfang Juli Europas größtes Asylwerber-Auffanglager geschlossen worden ist. "Mit der Schließung des Auffanglagers ersparen wir uns viel Geld. Die für die Sicherheit der Einrichtung engagierten Polizisten können wir anderswo einsetzen", sagte Salvini bei einer Pressekonferenz in Mineo.

"Wer denkt, dass er mit Masseneinwanderung Geschäfte machen kann, muss sich etwas anderes einfallen lassen. Aus Mineo entsenden wir ein klares Signal: Das Phänomen der Migration ist unter Kontrolle", sagte der Innenminister und Chef der rechten Regierungspartei Lega. Die Migrantenankünfte in Italien seien seit Anfang 2019 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2018 um 85 Prozent gesunken. "Wir dürfen jedoch bei den Anti-Migration-Kontrollen nicht nachlassen", sagte der Minister. Auf Gewerkschaftsproteste gegen die Schließung der Einrichtung - 150 Arbeitsplätze gehen verloren - erwiderte Salvini: „Die Wirtschaft der Gegend um Catania darf sich nicht auf das Geschäft mit den Migranten stützen."

Salvini berichtete, dass in Italiens Flüchtlingseinrichtungen derzeit 107.000 Menschen untergebracht seien. Im Vergleichszeitraum 2018 waren es noch 182.000. Die Zahl der eingereichten Asylanträge habe sich von 63.000 auf 30.000 halbiert.

Weniger Flüchtlinge im Mittelmeer

Die Flüchtlingszahlen über das Mittelmeer sind 2019 tatsächlich weiter gesunken. Informanten aus dem Kreis der europäischen Grenzschutzagentur Frontex sagten am Dienstag, dass im ersten Halbjahr gegenüber dem Vergleichszeitraum 2018 alleine auf der zentralen Mittelmeerroute Richtung Italien eine Abnahme um 80 Prozent gegeben habe.

So wurden von Jänner bis Juni 2019 insgesamt 3400 Flüchtlingsankünfte registriert. Im ersten Halbjahr 2018 waren es demnach noch rund 17.000 gewesen. Auch auf der westlichen Mittelmeerroute Richtung Spanien gab es einen Rückgang um rund 27 Prozent auf 10.470 Flüchtlinge. Von Jänner bis Mai 2018 waren es noch mehr als 14.300 gewesen.

Nur auf der östlichen Mittelmeerroute Richtung Griechenland gab es einen geringfügigen Anstieg um drei Prozent - auf nunmehr 15.450. Im Vergleichszeitraum 2018 waren es rund 15.000.

Insgesamt wurden über das Mittelmeer damit im laufenden Jahr gut 29.000 Ankünfte registriert. Im ersten Halbjahr 2018 waren es noch 46.300 gewesen. Das ist ein Gesamtminus von gut 37 Prozent.

Westbalkanroute-Zahlen schwanken

Schwerer sind die Zahlen über die Westbalkanroute zu ermitteln. Hier heißt es bei Frontex, dass die Zahlen wöchentlich schwanken. Insgesamt gebe es hier einen leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Genaue Daten lagen nicht vor, vor allem auch, weil Flüchtlinge bei mehreren Grenzübergängen über die Westbalkanroute auf dem Weg in die EU auch mehrmals gezählt worden seien.

(APA)

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