Rundfunksteuer für alle?

Zehn Millionen Euro sollen die kommerziellen Privatsender heuer aus dem neuen Topf der Medienförderung erhalten.

Klingt wenig. Ist de facto aber noch viel weniger: Denn in die zehn Millionen eingerechnet sind jene fünf Millionen vom vorigen Jahr, die zwar akkordiert, aber mangels gesetzlicher Grundlage noch nicht ausbezahlt sind. Ende Mai dürfen die Antragsteller mit den Förderzusagen rechnen – über 300Projekte wurden eingereicht, mehr als das Doppelte der Summe, die zur Verfügung steht, wurde beantragt, heißt es aus der Regulierungsbehörde RTR. Es wird also auch Enttäuschungen geben. Und auch wenn die schrittweise Aufstockung der Förderung bis 2013 auf 15Millionen Euro so gut wie beschlossen ist – im Vergleich zu den 160Millionen, die der ORF in den kommenden Jahren erhält (zusätzlich zu mehr als 500Millionen Euro an Gebühren), ist das nur ein Klacks.

Es könnte auch zu viel sein: Würde man den Markt sich selbst überlassen, brauchte man den Privaten nicht unter die Arme greifen. Das geht aber nicht, weil es keinen funktionierenden Markt gibt, solange der ORF am Werbemarkt kaum mehr Einschränkungen hat als die Privaten. Daran wird auch das neue ORF-Gesetz nur marginal etwas ändern – da geht es ja auch weniger darum, den ORF kommerziell in die Schranken zu weisen als um den Einfluss der Politik, z.B. über die Medienbehörde.


Der ORF könnte in absehbarer Zeit noch privilegierter werden: Dieser Tage haben die Öffentlich-Rechtlichen aus mehr als einem Dutzend Ländern bei einer Tagung in Bonn über eine Rundfunksteuer diskutiert. Sie wollen, dass die Bürger eines Landes unabhängig von Medienkonsum und Empfangsmöglichkeit für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zahlen. Im Staatssekretariat in Wien will man die Idee prüfen– dem ORF würde das bis zu 25Millionen Euro im Jahr extra einbringen.

Aber wo bleibt der andere Teil der Diskussion? In Deutschland will der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und Vorsitzende der Rundfunkkommission, Kurt Beck, dass ARD und ZDF ab 2017 komplett werbefrei sind. Ein solches Modell, auf den ORF angewendet, könnte eine Förderung für Privatsender obsolet machen. Das würde man dann wohl ein echtes duales System nennen. Aber davon sind wir noch meilenweit entfernt.


isabella.wallnoefer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2010)

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