Messerattacke auf Arzt: Täter geständig, Spitäler rüsten auf

WIEN: SMZ SUeD - ARZT NIEDERGESTOCHEN
WIEN: SMZ SUeD - ARZT NIEDERGESTOCHENAPA/HERBERT-PFARRHOFER
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Noch am Donnerstag soll der niedergestochene Arzt vernommen werden. Aggressionen in Spitälern nehmen laut einer Befragung der AUVA zu. Traumazentren reagieren mit einem Sicherheitskonzept.

Der 33-Jährige, der am Mittwochvormittag im SMZ Süd in Wien einen Oberarzt niedergestochen und schwer verletzt hat, hat sich zur Messer-Attacke geständig gezeigt. Hinsichtlich des Motivs berief sich der Verdächtige "auf innere Stimmen", die er befolgt hätte, teilte Polizei -Sprecher Paul Eidenberger am Donnerstag mit.

"Er wirkte bei der Beschuldigtenvernehmung für die Beamten normal und orientiert. Er konnte beispielsweise Daten zu früheren Behandlungen nennen und Zusammenhänge schildern", berichtete Eidenberger. Der 33-Jährige, der seit 2011 im SMZ Süd behandelt wurde und dort vor wenigen Wochen einem operativen Eingriff unterzogen wurde, hätte sich auf Anweisung innerer Stimmen ins Spital begeben, sagte Eidenberger. Ärztlichen Untersuchungs- oder Kontrolltermin hatte der aus Sierra Leone stammende Mann, der sich seit 2004 in Österreich befindet und subsidiären Schutz genießt, keinen.

Ob die Angaben des 33-Jährigen plausibel sind, wird wohl ein psychiatrischer Sachverständiger zu klären haben. Noch am Donnerstag soll der niedergestochene Arzt vernommen werden - der Zustand des 64-Jährigen, der sich zunächst in Lebensgefahr befunden hatte und der dank einer Notoperation stabilisiert werden konnte, lasse eine Befragung zu, hieß es seitens der Polizei.

Verbale und psychische Aggressionen

Aggressives Verhalten und Gewalt gegen Ärzte und medizinisches Personal nehmen zu, hieß es von der Österreichischen Ärztekammer (ÖAK). Der Fall im SMZ Süd sei ein neuer „trauriger Tiefpunkt“. Für Harald Mayer ÖAK-Vizepräsident gehören Spitäler deshalb "wie Gerichte gesichert", betonte er am Donnerstag. Daneben tritt die ÖAK dafür ein, Angriffe auf Gesundheitspersonal wie bei Polizisten, Gutachtern oder Beamten strafrechtlich generell als schwere Körperverletzung zu ahnden. Die könne auf einen Teil der Täter abschreckend wirken.

Dass die Aggressionen in den heimischen Spitälern mehr werden, nehmen auch die Mitarbeiter der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) wahr, die in den beiden Wiener Traumazentren (Meidling und Lorenz-Böhler-Brigittenau) seit 1,5 Jahren Übergriffe mittels Fragebögen dokumentieren. Zuletzt hatte auch der Krankenanstaltenverbund eine Email an alle Mitarbeiter von Wiener Spitälern geschickt mit der Aufforderung, ihre Erfahrungen mit Gewalt und Aggressionen am Arbeitsplatz zu schildern. Die Presse berichtete exklusiv.

"Es wird tendenziell mehr", konstatierte Angelika Stadler-Wallig, Leiterin der AUVA-Stabsstelle für Organisation von Großunfällen und Katastrophen der AUVA Wien. Konflikte entzünden sich demnach oft an den Wartezeiten. "Die Bereitschaft zu warten ist viel weniger gegeben. Die Patientenzahlen steigen, die Hemmschwelle sich zu beschweren und aufzuregen sinkt. Der Patient ist selbst im Stress und schaukelt sich selbst hoch. Sie werden auch schneller körperlich aggressiv", schilderte Stadler-Wallig.

Die AUVA-Expertin wollte keine absoluten Zahlen nennen. Die Auswertung habe aber ergeben, dass nicht nur die Quantität der gemeldeten Vorfälle, sondern auch deren "Qualität". So war einer der Schlüsse aus dieser Dokumentation, dass an beiden Wiener Standorten ein privates Security-Unternehmen Dienst versieht.

Auch die verbale Aggression sei sehr hoch, stellte Stadler-Wallig fest. In 78 Prozent der Fälle wird das Personal beschimpft. Bei jedem dritten Angriff blieb es nicht bei verbalen Beleidigungen. In 30 Prozent der gemeldeten Übergriffe schlugen oder traten die Aggressoren das Personal, in 15 Prozent der Fälle warfen sie auch mit Gegenständen um sich oder begossen ihre Widersacher mit Flüssigkeiten.

Securities, Panikalarm und mehr Information

Basierend auf dieser Auswertung hat die AUVA in Zusammenarbeit mit der Polizei und dem Verfassungsschutz ein Sicherheitskonzept entwickelt. So werden die Haupteingänge gesperrt, betriebsfremde Personen kommen damit in der Nacht nicht mehr so ohne weiteres ins Spital. Dazu kam das Engagement der Securityfirma.

Ein wichtiger Punkt sind bessere Informationen über Wartezeiten. Mittels Laufschrift werden die Patienten darüber in Kenntnis gesetzt, wenn es länger dauert, zum Beispiel, wenn ein akuter Notfall hereinkommt. Dazu kommen Aushänge der Hausordnung in Piktogrammen, in verständlichen Worten.

Zur Sicherheit der Krankenhausmitarbeiter wurde ein Panikalarm eingerichtet. Mit einer einfachen Tastenkombination am PC können diese den Alarm auslösen, der auf den umliegenden Monitoren groß aufleuchtet. Kollegen können dann zu Hilfe kommen, zusätzlich werden der Securitydienst und der Portier informiert. Im Bereich der Erstaufnahme wurden auch Notruftaster installiert, der mit der Polizei verbunden ist.

Nicht zuletzt werden dem Personal Sicherheitsworkshops mit der Polizei angeboten. Dabei stehen Deeskalationsstrategien im Vordergrund. In weiterer Folge soll es auch Fortbildungen zum Thema "Kommunikation mit aggressiven Patienten" geben. Ebenso sind Selbstverteidigungskurse ab Herbst geplant.

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