Nicht alle Handys klingen gleich

Seit 40 Jahren wird Musik gern auch unterwegs genossen. Heute vor allem mit dem Handy.
Seit 40 Jahren wird Musik gern auch unterwegs genossen. Heute vor allem mit dem Handy.(c) Getty Images (martin-dm)
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Seit Sony den ersten Walkman auf den Markt gebracht hat, ist Musik auch unterwegs ein treuer Begleiter. Heute dient das Handy als Walkman. Wie steht es dabei mit der Klangqualität?

Viel wurde dieser Tage über den Walkman geschrieben, der vor 40 Jahren die Musik wirklich mobil machte. Es folgten Discman, (kurz) Minidisc und MP3-Player. Letztere sind, vor allem im Luxus- und Billigstsegment, immer noch vertreten. Der Walkman von heute ist aber das Handy. Selbst schwach ausgestattete Modelle haben das eine oder andere GB für stundenlangen Musikgenuss über, mit Kartenslot kann fast beliebig viel Musik mitgeführt werden – sofern nicht sowieso per Spotify & Co. gestreamt wird. Der Speicher dient dann als Zwischenlager für Flüge oder andere Zeiten abseits einer (günstigen) Internetverbindung.

Für den Normalverbraucher ist damit schon fast alles erledigt. Es empfiehlt sich allerdings für fast jeden, die mitgelieferten Kopfhörer durch bessere zu ersetzen. Selbst relativ günstige Modelle bringen hörbaren Gewinn.

Wer an gutem Klang interessiert ist, muss mehr beachten. Mit sehr guten Kopfhörern wird nämlich die Elektronik des Handys zum Flaschenhals. Hier gibt es relevante Unterschiede, die sich meist nur bei genauem Studium der technischen Daten oder Nachforschungen in einschlägigen Foren offenbaren. Wer nicht ganz so tief in die Materie eintauchen will, vergleicht die Klangqualität einfach vor dem Kauf – idealerweise an hochwertigen Kopfhörern.

Die technische Qualität der Musikfiles ist – außer für allerhöchste Ansprüche – in der Praxis eher sekundär. Das viel gescholtene MP3 oder vergleichbare Streamingformate sind bei den heute üblichen Datenraten von 320 kB/s in der Regel absolut ausreichend. Wer unbedingt unterwegs unkomprimierte Musik abspielen will, kann das mit allen nicht antiken Android-Handys und mit iPhones ab IOS 11 tun – beim iPhone aber nicht direkt via iTunes, das versteht verlustlos nur ALAC. Bei den neueren iPhones ohne Klinke ist verlustlose Musikübertragung ohnehin graue Theorie, da sie in der Regel über Bluetooth geschieht, und dieser Übertragungsweg bekanntlich verlustbehaftet ist.


Drahtlos im Detail. Womit wir bei den Bluetoothkopfhörern sind, zu denen auch Nicht-Apple-User immer öfter greifen. Hier empfiehlt sich ein Blick in die technischen Details. Die „normale“ Bluetoothübertragung (SMB) hat aufgrund der hohen Datenkompression einen ähnlich schlechten Ruf wie MP3. Genauso ist die Einbuße für viele aber kaum hörbar. Technisch besser, und zumindest mit guten Equipment ein merklicher Gewinn, ist der aptX-Codec, auch AAC hat Vorteile, insbesondere wenn das Quellmaterial im gleichen Format vorliegt. Die volle CD-Qualität und sogar drüber hinaus erlaubt aptX-HD. Dieser Codec ermöglicht Käufern von Hi-Res-Files das Gefühl, Drahtloskomfort ohne klangliche Einbußen genießen zu können. Gleiches gilt für Sonys LDAC, das aber nur wenige (Sony-) Kopfhörer können. Entscheidend ist, dass sowohl Kopfhörer als auch Quelle die Codecs beherrschen – ansonsten einigen sie sich automatisch auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.

Höchste Qualität versprechen Kabelkopfhörer in Verbindung mit einem portablen Verstärker mit D/A-Wandler. Letzterer wird zwischen USB des Handys und den Kopfhörer gestöpselt. Einsteigermodelle sind etwa der Fiio i1 Lightning für 40 Euro oder die Dragonfly-Serie von Audioquest.

Wer jetzt ein wenig verunsichert ist, sei beruhigt. Retrowelle und nostalgischen Gefühlen zum Trotz bietet MP3 selbst mit mittelmäßigem Handy deutlich besseren Klang, als es die gute alte Kassette jemals gekonnt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2019)

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