Gratulation ISTA! Wissenschaft funktioniert auch in Österreich

Es ist anzuerkennen, wie stark ISTA die Wissenschaftsszene belebt und Entwicklungen an den Universitäten katalysiert.

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Eine wahrlich sensationelle Nachricht: ISTA, das Institute for Science and Technology Austria, wurde vom Wissenschaftsmagazin „Nature“ als weltweit zweitbestes Forschungsinstitut gelistet, nach Cold Spring Harbour, USA, und noch vor (!) seinem Vorbild, dem Weizmann-Institut in Israel. Das macht große Freude, schreibe ich doch bereits seit Jahrzehnten gegen die halbherzige Förderung der Grundlagenforschung an.

Anton Zeilinger schlug 2002 in Alpbach für Österreich ein Institut für Spitzenforschung vor, das 2006 mit einem Parlamentsbeschluss und unter erheblicher Beteiligung der Industriellenvereinigung eingerichtet wurde. Nach kurzem Gezerre setzte sich Niederösterreich mit Maria Gugging bei Klosterneuburg als Standort durch. Dort wuchs seitdem um die historischen Gebäude der Psychiatrie ein beeindruckender Campus heran.

Drei Topwissenschaftler erstellten das Konzept: Haim Harari, Physiker am Weizmann-Institut Israel, Olaf Kübler, Physiker an der ETH Zürich, und Hubert Markl, Biologe der Max-Planck-Gesellschaft. Aus Dutzenden Kandidaten wählte man 2009 als Geschäftsführer einen Informatiker mit viel internationaler Erfahrung: Thomas Henzinger. Der setzte das Konzept um, mischte beim Engagement vieler neue Wissenschaftler mit und führte seitdem ISTA mit ruhiger Hand an die Weltspitze.

Die politischen Lorbeeren gebühren der Regierung Schüssel II und dem Land Niederösterreich mit dem damaligen Landeshauptmann, Erich Pröll. Diesen Politikern ist Respekt zu zollen, weil sie einmal nicht kleckerten, sondern klotzten. Sie ließen die Wissenschaftler auch gewähren, um ihr ebenso einfaches wie erfolgversprechendes Konzept konsequent umzusetzen: die besten Köpfe holen und sie dann gut ausgestattet arbeiten lassen. 2018 waren es am ISTA bereits 413 Wissenschaftler, darunter 52 Professoren und Hunderte PhD-Studenten aus aller Welt. Ihre Qualität zeigt sich in den kompetitiven Forschungsmitteln, die sie einwarben.

Mehr als 30 Projekte werden vom European Research Council, ERC, finanziert, viele vom FWF. Sie machten 2018 fast 90 der insgesamt 121 Millionen der für die Forschung eingeworbenen Mittel aus. 362 Originalartikel wurden in Topjournalen publiziert. Aber noch fehlt ISTA die kritische Größe für langzeitlich stabile Spitzenleistungen. Es ist zu früh, sich zurückzulehnen, es wird noch ein gutes Jahrzehnt stetiger Entwicklung brauchen. Der Erfolg von ISTA belegt aber, wie gut Spitzenforschung in Österreich funktionieren kann, wenn man will und konsequent agiert. Das kostet natürlich Geld, und man sollte dabei nicht auf die Unis vergessen, die das ISTA seinerseits braucht wie der Fisch das Wasser.

Natürlich gab es Widerstände. Nicht alle Parlamentsparteien brachten 2006 genügend Weitsicht auf, und noch heute spürt man vonseiten der Unis Eifersucht. Aber anstatt um die Butter auf dem Brot zu bangen, sollte man besser anerkennen, wie stark ISTA die Wissenschaftsszene belebt und Entwicklungen an den Unis katalysiert. Typisch österreichisch übrigens, dass sich die Medien für diese einzigartige Erfolgsnachricht nur mäßig interessieren. Schade, denn das immer noch labile Standing der Wissenschaft in der Öffentlichkeit geht nicht unwesentlich auf das Konto der Medien und ihrer an Wissenschaft seltsam desinteressierten Chefredakteure.

Kurt Kotrschal, Verhaltensbiologe i. R. Uni Wien, Wolf Science Center Vet-Med-Uni Wien, Sprecher der AG Wildtiere/Forum Wissenschaft & Umwelt.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2019)

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