Gasbohrungen: EU beschließt Sanktionen gegen Türkei

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Gelder der EU an die Türkei sollen gekürzt, Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen eingestellt werden.

In Reaktion auf die umstrittenen türkischen Erdgas-Erkundungen vor Zypern haben die Außenminister der EU-Staaten Strafmaßnahmen gegen die Türkei beschlossen. Konkret sollen unter anderem EU-Gelder für die Türkei gekürzt und die Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen eingestellt werden. Dies geht aus einem am Montag in Brüssel verabschiedeten Text hervor.

Bereits am Vormittag hatte Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg die Sanktionen angekündigt. Die Haltung der EU sei "nur logisch". Die EU habe die Besetzung Nordzyperns durch die Türkei völkerrechtlich nie anerkannt. Daher stehe die EU auch hinter dem Wunsch Zyperns, selbst über seine Ressourcen zu bestimmen. Selbstverständlich seien auch noch weitere Sanktionen möglich. "Wir stehen absolut hinter Zypern", betonte Schallenberg.

"Die Provokationen der Türkei sind für uns alle inakzeptabel und wir stehen hier auf der Seite Zyperns", so der deutsche Europastaatsminister Michael Roth. Weitere Sanktionen könnten nach dem Ministerbeschluss gezielt an den Bohrungen beteiligte Unternehmen oder Einzelpersonen treffen.

Die EU will die Türkei mit den Strafmaßnahmen dazu bewegen, die Erdgassuche vor dem Mitgliedstaat Zypern einzustellen. Sie sehen auch vor, bis auf Weiteres keine Spitzengespräche mehr zu Themen wie Wirtschaft und Handel zu führen. Die Europäische Investitionsbank wird zudem aufgerufen, eine Einschränkung der Kreditvergabe zu prüfen.

Die Türkei weist die Vorwürfe illegaler Bohrungen zurück. Sie vertritt den Standpunkt, dass die Gewässer, in denen sie aktiv ist, zu ihrem sogenannten Festlandsockel gehören. Die Türkei hält den Norden Zyperns seit 1974 besetzt und will mit den Bohrungen auch die Anteile der türkischen Zyprioten am Erdgasgeschäft sichern.

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten hatten die Strafmaßnahmen bereits im Juni angedroht. "Der Europäische Rat bekundet seine große Besorgnis über die unrechtmäßigen Bohrungen, die die Türkei derzeit im östlichen Mittelmeer durchführt, und bedauert, dass die Türkei noch nicht auf die wiederholten Aufforderungen der Europäischen Union zur Einstellung dieser Tätigkeiten reagiert hat", hieß es damals in der Abschlusserklärung. In dem am Montag beschlossenen Text wird diese Position noch einmal untermauert.

Für die Wirtschaft und Verbraucher sind die beschlossenen Strafmaßnahmen schlechte Neuigkeiten. Das mit der Türkei geplante Luftverkehrsabkommen soll zum Beispiel eigentlich neue Flugverbindungen ermöglichen und für günstigere Tickets sorgen. Die EU-Kommission ging zuletzt davon aus, dass die Flugscheinpreise nach einer Marktöffnung um bis zu 50 Prozent sinken und bis zu 48.000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten.

Auf einen Blick

Das Erdgasvorkommen südlich von Zypern allein könnte Experten zufolge rund 227 Milliarden Kubikmeter umfassen und Gewinne von mehr als 40 Milliarden Euro generieren. Längst hat die zypriotische Regierung Konzessionen an Energiekonzerne wie Shell und Exxon Mobil vergeben.

Die Türkei ist vor Zypern ohne Konzession unterwegs. Deswegen plant die EU nun, die Verhandlungen über ein neues Luftverkehrsabkommen auszusetzen. Außerdem könnten EU-Hilfen für die Türkei gekürzt und EU-Kreditvergaben einschränkt werden. Die Zyprioten wären gerne noch weiter gegangen. Die meisten anderen Staaten wollen aber eine allzu drastische Eskalation des Konflikts vorerst vermeiden. Sie fürchten unter anderem, dass die Türkei im Gegenzug die Zusammenarbeit im Kampf gegen illegale Migration einstellen könnte.

Für die Türkei wären EU-Strafen unangenehm - vorsichtig ausgedrückt. Ihr drohen schon von anderer Seite Sanktionen: von den USA wegen der Anschaffung eines russischen Raketenabwehrsystems, dessen erste Lieferungen am Freitag in Ankara ankamen. Für die fragile türkische Wirtschaft wären Strafen von beiden Seiten ein weiterer Tiefschlag.

(APA/dpa)

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