Im Clinch mit Donald Trump

Alexandria Ocasio-Cortez im Kongress. Die jüngste Abgeordnete setzt nicht nur Donald Trump zu, sondern auch Parteifreundin Nancy Pelosi.
Alexandria Ocasio-Cortez im Kongress. Die jüngste Abgeordnete setzt nicht nur Donald Trump zu, sondern auch Parteifreundin Nancy Pelosi.REUTERS
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Der Präsident hat ein neues Feindbild ausgemacht: eine Gruppe junger, progressiver Abgeordneter um Alexandria Ocasio-Cortez. Nun tobt eine neue Rassismus-Debatte in Washington.

New York. Es sind vier demokratische Abgeordnete, die das US-Repräsentantenhaus in einer Art und Weise aufwühlen, wie es US-Beobachter selten zuvor gesehen haben: Die vier Frauen mit Migrationshintergrund wettern gegen das Establishment ihrer Partei und stehen mit ihrer Chefin Nancy Pelosi auf Kriegsfuß. Zum ganz besonderen Feind haben sie sich aber Donald Trump gemacht. Der Präsident gegen die vier Progressiven, das ist politische Brutalität.

Nun erreichte die Auseinandersetzung einen neuen Höhepunkt, und Trump muss sich wieder einmal den Vorwurf gefallen lassen, ein Rassist zu sein. Alexandria Ocasio-Cortez, Rashida Tlaib, Ilhan Omar und Ayanna Pressley sollten dahin zurückgehen, wo sie hergekommen sind, donnerte der Präsident per Twitter. Die Abgeordneten würden aus Ländern stammen, wo „Regierungen eine komplette und totale Katastrophe“ sind und nun wollten sie der „mächtigsten Nation“ sagen, wie sie zu führen sei, erregte sich Donald Trump.

Drei der vier angesprochenen Repräsentanten sind aber in den USA geboren und aufgewachsen. Die vierte, Omar, immigrierte als Kind aus Somalia. Mit 17 Jahren bekam sie die Staatsbürgerschaft verliehen. So schlug dann auch Ocasio-Cortez in die Tastatur und feuerte per Twitter zurück: „Das Land, aus dem ich komme und auf das wir alle schwören, sind die Vereinigten Staaten. Sie sind zornig, weil Sie sich ein Amerika, das uns mit einschließt, nicht erklären können.“

Dass Donald Trump gegen seine politischen Gegner immer wieder Angriffe führt, die oftmals auch unter der Gürtellinie sind, ist hinlänglich bekannt. Ex-Außenminister Rex Tillerson sei „strohdumm“, schrieb der Präsident über den früheren Chef des Ölgiganten Exxon Mobil, nachdem dieser seine Regierung verlassen hatte.

Doch reagieren die Amerikaner besonders sensibel, wenn es um das Thema Rassismus geht. Das ist der Grund, warum die Beleidigungen gegen die vier Progressiven so hohe Wellen schlagen. Und das ist auch der Grund, warum manche Beobachter meinen, dass Trump diesmal zu weit gegangen sei.

Allerdings: Es ist keineswegs das erste Mal, dass der Präsident mit dem Rassismus flirtet, seine Anhänger blieben ihm bisher noch nach xenophoben Äußerungen großteils treu. Mit Schaudern denkt das Land an die Vorkommnisse von Charlottesville aus dem Jahr 2017 zurück, als selbsternannte weiße „Suprematisten“ eine Spur der Verwüstung durch die Stadt in Virginia zogen und mit Gegendemonstranten zusammenstießen. Beide Seiten seien für die Eskalation verantwortlich, sagte Trump damals und erntete auch vonseiten der Republikaner heftige Kritik.

Diese ist dieses Mal zumindest bisher weitgehend ausgeblieben, und dafür gibt es zwei Gründe. Einerseits sitzt der Präsident fester denn je im Sattel. Die Unterstützung aus der eigenen Partei liegt Umfragen zufolge jenseits der Marke von 90 Prozent. Viele Konservative fürchten die Wut Trumps, wenn sie es wagen, ihm zu widersprechen. Selbst wenn sie die Aussagen Trumps hinter vorgehaltener Hand kritisieren: Öffentlich würden sie das niemals sagen.

Israel-Kritik

Auf der anderen Seite hüten sich viele auch davor, die progressiven Demokraten zu verteidigen, weil diese selbst den Bogen bereits mehrmals überspannt haben. Omar etwa verärgerte nicht nur ihre eigene Partei mit judenfeindlichen Aussagen. Israel würde sich die Unterstützung Amerikas erkaufen, israelische Aktivisten würden die USA zur blinden Gefolgschaft drängen, sagte die Muslimin.

Trump legte am Montag auch gleich nochmals nach: Er werde seine Aussagen nicht zurücknehmen. Vielmehr sollten sich die „radikalen linken Kongressfrauen“ bei Israel und bei ihm entschuldigen. Die demokratische Parteispitze gab den Progressiven Rückendeckung: Trumps Ziel sei es, „Amerika wieder weiß zu machen“, sagte Nancy Pelosi in Anspielung an den „Make America Great Again“-Slogan des Präsidenten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2019)

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