Hindernisse auf dem Weg zur "Antispekulantensteuer"

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Obama, Schäuble, Osborne und viele andere bevorzugen eine Bankenabgabe.

BRÜSSEL. Die Finanztransaktionssteuer war bisher eines jener Themen, die Diplomaten und Korrespondenten in Brüssel gerne als „Ungeheuer von Loch Ness“ zu bezeichnen pflegten: taucht jäh in der Saure-Gurken-Zeit auf, sorgt für riesige Aufregung, taucht jäh wieder unter.

In der Nacht von Montag auf Dienstag könnte sich das geändert haben. Denn da haben die Finanzminister der 16 Euroländer erklärt, sich auf internationaler Ebene für eine stärkere Kontrolle der Finanzwirtschaft engagieren zu wollen. Dazu zähle auch eine Abgabe auf Finanztransaktionen, mit der die kurzfristige Spekulation eingedämmt werden soll. „Es wird so sein, dass diejenigen auch bezahlen müssen, die nicht unschuldig sind an dem Schlamassel, in dem wir alle stecken“, verkündete Luxemburgs Regierungschef und Finanzminister Jean-Claude Juncker in etwas umständlicher Weise, nachdem die Sitzung der sogenannten Eurogruppe um halb ein Uhr in der Nacht zu Ende gegangen war. „Wir können uns nicht immer nur hinter den Amerikanern verstecken“, fügte Juncker kämpferisch hinzu.

Das Mikado-Problem

Damit spielte Juncker auf das Grundproblem dieser „Antispekulantensteuer“ an: Nur wenn man sie weltweit einführt, verhindert man ein Ausweichen der Spekulanten in jene Staaten, die keine solche Steuer haben. Dabei geht es in erster Linie um aufstrebende asiatische Finanzplätze wie Singapur, die Europas Börsen liebend gerne Marktanteile abnehmen.

Vor allem aber hat sich US-Präsident Barack Obama im Februar gegen die Finanztransaktionssteuer entschieden. Er bevorzugt eine Sonderabgabe von rund 100 Milliarden Euro für die Banken, mit der sie zumindest einen Teil der Kosten für die staatlichen Bankenrettungsprogramme tragen sollen.

Dieses Mikado-Problem – wer sich zuerst bewegt, verliert – haben die EU-Finanzminister bei ihrem Ecofin-Treffen am Dienstag nicht gelöst. „Wir haben eine einheitliche Linie: Wenn wir das global zustande bringen können, setzen wir uns auch dafür ein“, sagte Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble. „Wir sind uns aber auch darin einig, dass eine rein nationale Steuer keinen Sinn hat. Das ist Wishful Thinking.“

Nicht nur die Briten bremsen

Natürlich könnte die EU einen Vorstoß machen, sagte Schäuble. Aber erst, nachdem auf dem Treffen der Finanzminister der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen Anfang Juni in Korea klar ist, dass es keine globale Initiative gibt.

Schäuble steht also hinsichtlich der Finanztransaktionssteuer auf der Bremse. Er bevorzugt wie Obama und Schweden eine Bankenabgabe – ebenso wie der neue britische Finanzminister George Osborne. „Großbritannien führt eine Bankenabgabe ein“, sagte der Tory. „Ich bin skeptisch, was die Machbarkeit einer Transaktionssteuer auf der ganzen Welt betrifft.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2010)

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