Teiltauglich für ein kaputtes Heer

APA/HELMUT FOHRINGER
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Die ÖVP will die Tauglichkeits-Kriterien verändern. Wozu, wenn das Heer bald keine Grundwehrdiener mehr ausbilden kann?

Da wird man schwer Gegenargumente finden können: Der Vorschlag der ÖVP, die Tauglichkeitskriterien zu verändern und auch für eingeschränkt taugliche junge Männer eine Aufgabe zu finden, hat eine gewisse Logik: Warum soll ein 18-Jähriger, der zwar keinen 50-Kilometer-Marsch schafft, aber problemlos im Büro arbeiten kann, dem Staat nicht dienen müssen (oder dürfen)? Die Änderung der Kriterien ist nicht nur notwendig, weil erschreckender Weise schon jeder Vierte untauglich ist. Es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit.

Das Bundesheer hat offensichtlich keine große Freude damit. Klar: Man bildet am liebsten gesunde, fitte Soldaten aus. Auf eingeschränkt Taugliche Rücksicht nehmen zu müssen, erfordert einen Mehraufwand. Aber die Gesunden und Fitten werden halt immer weniger. Geburtenschwache Jahrgänge, der ungebrochene Trend zum Zivildienst, zunehmende Fettleibigkeit und andere körperliche Einschränkungen bei Jugendlichen sind eine Mischung, die dem Heer (und auch dem Zivildienst) Nachwuchs entzieht. Das wird in den kommenden Jahren noch verstärkt zu spüren sein. Alleine aus dieser Notwendigkeit heraus wird sich das Heer mit diesem Thema beschäftigen müssen.

Trotzdem stellt sich beim ÖVP-Vorstoß die Frage, ob hier die richtigen Prioritäten gesetzt werden. Das Heer steht vor dem Kollaps, wie das der Verteidigungsminister eindrucksvoll geschildert hat. Wenn die Budgetmittel nicht deutlich erhöht werden, wird man schon kommendes Jahr kein Geld für Treibstoff haben, keine Katastropheneinsätze und keine Übungen mehr durchführen können. Und natürlich keine Grundwehrdiener ausbilden - egal, ob Taugliche oder Teiltaugliche.

Solange die ÖVP (und alle anderen Parteien) dieses Grundproblem nicht angehen, sind die Tauglichkeitskriterien eigentlich völlig egal und dienen bestenfalls dazu, das Sommerloch zu füllen.

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