ImPulsTanz: Ein Stück von Pina Bausch, üppig wie ein portugiesisches Fest

(c) Laszlo Szito
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Das Tanztheater Wuppertal mischt Gefühlvolles mit Witz und großartigen Soli: viel Lebensfreude im Wiener Burgtheater.

Es ist ein Abend für alle Sinne: Wenn die Frauen in luftigen Blumenkleidern über die raue Klippe huschen, meint man das auch als Zuschauer haptisch zu spüren. Wie auch den imaginären Sand, den sich eine der Tänzerinnen von den Füßen wischt. Für die Ohren gibt es Jazz, Pop, Fado und afrikanische Trommeln, auch Stöhnen, Atmen und das die Weiblichkeit umschmeichelnde „Ooooh“ der Männer gehören zu diesem lebendigen Rhythmus. Wer weiter vorn sitzt, kann die aufgeschnittene Melone riechen, aus der ein behutsam auf die Bühne getragenes Huhn verlegen einen kleinen Snack pickt. Es gibt schräge Szenen wie den Auftritt einer Diva in einem Kleid aus roten Luftballons oder einer Tänzerin, die gut gelaunt im Schaumbad sitzend Teller wäscht . . .

Vor zwanzig Jahren ist „Masurca Fogo“ entstanden. Ein Stück, für das sich die 2009 verstorbene Choreografin Pina Bausch und ihre Tänzer (einige von damals sind noch immer dabei) bei einem Aufenthalt in Portugal inspirieren ließen – von den Menschen, der Landschaft, der Musik.

Bausch und ihre Compagnie, das Tanztheater Wuppertal, haben eine gediegene Mischung aus lebhaften Szenen, akrobatischen Gruppenchoreografien und großartigen Soli erarbeitet. Die Atmosphäre ist dicht und wechselt fließend. Man wähnt sich am Strand, im Café, bei einer portugiesischen Mana, die den Sohn mästet, auf der Flaniermeile oder in einem geheimen Liebesnest. Einmal ist alles ausgelassen und fröhlich, dann wird es sentimental oder emotional, ganz kurz nur artet ein Flirt zum Übergriff aus. Aber das ist nicht, was Pina Bausch erzählen will. Es geht um pure Lebensfreude, ums Essen, Trinken, Planschen, innige Tanzen – und um die unwiderstehliche Anziehungskraft der Frauen.

Lange Haare als Teil der Choreografie

Bausch inszeniert die Tänzerinnen in bunten Kleidern, fließenden Negligés, in High Heels und mit wunderschön glänzenden langen Haaren, die offen getragen werden und so zum fließenden (manchmal störrischen) Teil der Choreografie werden. Es sind junge und ältere Frauen, dünne und mollige – jede eine Charakterdarstellerin, wie sie ein solches Tanztheater braucht, das von der Vielfältigkeit des Lebens erzählt.

Und die Männer? Sie bleiben in schlichten Farben, sind Bewunderer, Eroberer, Söhne, Machos mit aufgeknöpftem Hemd und eifersüchtige Partner. Immer wieder löst sich aus den lustigen, manchmal lauten theaterhaften Momenten ein Tänzer, eine Tänzerin heraus und beginnt ein Solo, sehnsuchtsvoll, beglückt, traurig oder witzig. Ein unterhaltsamer Abend – rauschend und üppig wie ein portugiesisches Fest.

„Masurca Fogo“: 18. und 19. 7., 21 Uhr, Burgtheater

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2019)

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