Die Veränderung der Tauglichkeitskriterien ist bereits Thema einer Arbeitsgruppe. Im Heer sieht man aber auch Probleme bei der Umsetzung.
Wien. Die ÖVP geht mit dem Vorschlag in den Wahlkampf, die Tauglichkeitskriterien zu ändern. Fast ein Viertel der jungen Männer ist für den Dienst mit der Waffe (und damit auch für den Zivildienst) untauglich. Künftig soll es laut Vorschlag der Volkspartei eine die Kategorie „Teiltauglich“ geben, die eine Verwendung im Büro oder in der Küche ermöglicht. Vorbild dafür ist die Schweiz, wo „eingeschränkt Taugliche“ für den Zivilschutzdienst verpflichtet werden.
Die Idee ist nicht ganz neu, die Änderung der Tauglichkeitskriterien war auch schon auf der Agenda der türkis-blauen Regierung. Sie hat auch eine Arbeitsgruppe im Verteidigungsministerium eingesetzt, die sich mit diesem Thema beschäftigt. Dort will man in Zeiten der Übergangsregierung offiziell nichts zu den Plänen einer politischen Partei sagen. Aus der Arbeitsgruppe hört man aber Skepsis angesichts simpler Lösungsvorschläge. Bei der Beschäftigung mit dem Thema zeige sich, dass etliche komplexe Fragen zu klären seien. Ein einfaches Beispiel: Die Tauglichkeitskriterien sehen für die Rekruten bei der Körpergröße eine Ober- und eine Untergrenze vor. Nun sei es zweifellos möglich, auch größere oder kleinere Grundwehrdiener auszubilden. Aber: Für diese müssten maßgeschneiderte Uniformen angefertigt werden. Und es sei fraglich, ob sich das auch tatsächlich rentiere.
Die Hauptfrage sei aber, wie praktikabel es sei, eingeschränkt Taugliche in den Dienstbetrieb einzugliedern. Derzeit hätten beim Bundesheer auch fast alle Systemerhalter eine – wenn auch eingeschränkte – militärische Funktion. Wenn eine ganze Kompanie ausrückt, kommen auch die Schreiber und Köche mit. Wenn künftig Grundwehrdiener dabei sind, die keinen Fußmarsch machen dürfen, würde das zum Problem – vor allem, wenn es eine größere Anzahl eingeschränkt Tauglicher gäbe. Die Einschätzung der Experten im Bundesheer: Eine Änderung der Tauglichkeitskriterien ist prinzipiell möglich – aber es seien noch viele Detailfragen zu klären, um das auch praktikabel umsetzen zu können.
Höchstgericht dagegen
Auf jeden Fall würde eine Gesetzesänderung benötigt. Denn derzeit steht ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs einer Teiltauglichkeit entgegen. „Der Dienst im Bundesheer umfasst jedenfalls eine militärische Komponente im engeren Sinn, auf die sich auch die Ausbildung der Grundwehrdiener zu erstrecken hat“, heißt es im Urteil. Das bedeutet: Um tauglich zu sein, müsse der Stellungspflichtige auch für eine militärische Ausbildung geeignet sein.
Unterstützung für den ÖVP-Vorstoß kommt von der größten Zivildienstorganisation, dem Roten Kreuz. Die Hilfsorganisation leidet unter dem Rückgang an Zivildienern und kann heuer vermutlich nicht alle Stellen besetzen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2019)