Zuhören ist eine Fähigkeit, die uns abhanden kommt, findet der Wiener Bariton Georg Nigl. Er singt bei seinem Salzburger Liederabend Nietzsche-Lieder.
Er ist das jüngste von fünf Kindern, sein Vater wollte, dass er Schneider wird – wie er selbst. Georg Nigl wollte das nicht. Er war bei den Wiener Sängerknaben, spielte schon als Kind im Burgtheater. „Ich bin ein typisches Kind, das davon profitiert hat, dass Bruno Kreisky gemeint hat, dass die Kinder gefördert gehören", sagt der Bariton. Heute zählt er zu den gefragtesten Sängern seines Fachs: 2015 wurde er vom Magazin „Opernwelt" zum Sänger des Jahres gekürt, vor zwei Jahren wurde sein wienerisch angelegter Papageno an der Wiener Staatsoper vom Publikum gefeiert. Aufgewachsen in der Tradition, hat Nigl immer schon der Tellerrand interessiert. „Die Begegnung mit Nikolaus Harnoncourt hat mir neue Dimensionen eröffnet", erzählt der Sänger, der seit 2014 auch als Professor für Gesang an der Stuttgarter Musikhochschule tätig ist. Nigl hat „sehr, sehr viel" Barockmusik gemacht, mit Harnoncourt, Il Giardino Armonico oder René Jacobs. Seit Anfang der 1990er-Jahre vergibt er Kompositionsaufträge für Lied. „Wenn es Schubert heute gibt, will ich ihm begegnen", sagt Nigl. Er merkte damals, dass das klassische Lied, also die Kombination von Sänger und Klavier, immer mehr an den Rand gedrängt wurde. „Da dachte ich mir, dass man sich mit der Form neu auseinandersetzen müsse."