Bregenzer Festspiele: Don Quichotte und die toxische Männlichkeit

Im Spiderman-Kostüm: Don Quichotte (Gábor Bretz) als Opfer einer Straßengang – bei den Bregenzer Festspielen.
Im Spiderman-Kostüm: Don Quichotte (Gábor Bretz) als Opfer einer Straßengang – bei den Bregenzer Festspielen. (c) Monika Forster
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Regisseurin Mariame Clément handelt an Massenets „Don Quichotte“ moderne Helden- und Männerrollen ab. Das ist manchmal etwas viel, aber das Stück erträgt's, die Sänger sind gut – und das Publikum vergnügt.

Is this the best a man can get?“, fragt die Stimme aus dem Off – und wir sehen ein Pasticcio aus historischen und aktuellen Szenen voll mit toxischer Männlichkeit. Er hat Anfang des Jahres einigen Staub aufgewirbelt, der in etwas Pathos mündende Gilette-Werbespot mit seinem Aufruf an Männer, gegen Alltagssexismus einzuschreiten, gegen Übergriffe und Mansplaining, aber auch gegen Mobbing und Raufereien unter Buben, anstatt die Entschuldigung „Boys will be boys“ zu perpetuieren. Zeigten sich seither viele begeistert von der Initiative, fühlten sich andere auf mehr als nur den Schlips getreten und wetterten gleich gegen einen „globalen Angriff auf Männlichkeit“. Das Eintreten für ein besseres, wertschätzendes Miteinander ohne jede Art von Gewalt, und sei es zu Werbezwecken – gleicht es einem Kampf gegen Windmühlen?

So gesehen passte der Spot via Videowand ja nicht übel als Prolog vor Jules Massenets „Don Quichotte“, der am Donnerstag als diesjährige Hausoper im Bregenzer Festspielhaus seine Premiere erlebte, und er provozierte sogar einen Zwischenapplaus. Schmunzelnd durfte man zur Kenntnis nehmen, dass in der nachfolgenden Kunstpause dem Ohrenschein nach vor allem die Herren der Schöpfung einen Drang zum Kommentieren, Witze-Reißen und Lachen fühlten. Protestieren musste keiner von ihnen, denn Regisseurin Mariame Clément inszeniert einen männlichen Wutanfall gleich mit: Im Publikum springt einer auf (Felix Defèr), drängt an die Rampe und echauffiert sich schusselig über seine bedrohte männliche Identität, Zwischenrufe ertönen, Eskalation droht – bis Don Quichotte, auch er sitzt im Publikum, seinen Ritterhelm aufsetzt (ja, die verbeulte, blecherne Barbierschale), den Verwirrten auf die Bühne geleitet und mit ihm in einem Theater mit schütter besetzten Zuschauerreihen Platz nimmt.

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