Das private Zugunternehmen B&B Bluetrain bietet Erlebnisfahrten an – im Luxuswaggon.
Ein hohes Pfeifen ertönt, dann ruckelt der Zug langsam aus dem Bahnhof in Wien-Heiligenstadt hinaus. Etwas gemächlicher als sonst fühlt sich das an – es scheint auch ein bisschen mehr zu rumpeln. „Das hat schon was Eigenes“, sagt eine Dame am Nachbartisch, als es plötzlich laut zischt und die Dampfschwaden an den Fenstern des ersten Waggons vorbeiziehen. „Das ist schon nett. Mal was ganz was anderes.“
Der historische Zug ist an diesem Tag ausschließlich mit einer Dampflok unterwegs, die am Bahnsteig schon 20 Minuten vor der Abfahrt weiße Schwaden gespuckt hat. Ein seltenes Erlebnis: Während man früher mit Dampf sogar bis nach Wahrschau gezuckelt ist, fährt man bei dem Unternehmen des B&B Bluetrain mittlerweile fast immer mit historischen E-Lokomotiven. Nicht zuletzt, weil es vorkommen kann, dass man mit der Dampflok das trockene Gras am Bahndamm anzündet . . .
Lange Fahrten gibt es freilich auch heute noch: Eine Stammstrecke hat der Bluetrain nicht – üblicherweise unternimmt man damit sogenannte Erlebnisfahrten oder Städtetrips – etwa zum Lichterfest am Traunsee, zur jährlichen Flugschau in Zeltweg oder – eine etwas längere Reise – zum Karneval in Venedig. Auch für private Feiern und Events kann man die Züge chartern.
Züge aus zahlreichen Ländern. Begonnen hat das vor gut 40 Jahren, als Edmund Brenner sich in den Kopf setzte, eine Dampflok zu kaufen. „Es war damals unvorstellbar, dass ein Privater mit einem Zug fährt“, sagt sein Sohn Christian Brenner, während die Bahn durch Wien ruckelt. Mit der Zeit kaufte Brenner aus aller Herren Länder Eisenbahnwaggons zusammen und rüstete sie zu Salonwaggons um. „Jeder Waggon hat eine andere Geschichte.“
Da ist etwa der Salon Bleu mit seinen blaugestreiften Fauteuils und den samtenen, blau-goldenen Vorhängen, der einst für die deutsche Reichsbahn im Einsatz war, der Salon Paris, ein ehemaliger Speisewaggon der ÖBB, oder der Salon Rouge, der 1931 für die Waggon Lits gebaut wurde und lange nach Warschau fuhr. Heute ist er mit rotgepolsterten Stühlen und Tischen ausgestattet, auf denen an dem Abend vor allem ältere Herrschaften ihr Gulasch speisen – gekocht wird an Bord.
Geht es nach Christian Brenner, so sollen seine nostalgischen Waggons künftig auch öfter ohne E-Lokomotive unterwegs sein: Er könnte sich einen Dampflokbetrieb in der Wachau vorstellen: Wenn er dafür Partner findet, könnten seine Züge vielleicht öfter ein Stückerl die Donau entlang zuckeln.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2019)