Schredder-Affäre: "In 25 Jahren noch nie passiert"

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Logo der Firma ReisswolfAPA/HERBERT NEUBAUER
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Nicht einer, sondern fünf Datenträger sollen durch einen ÖVP-Mitarbeiter vernichtet worden sein. Reisswolf-Geschäftsführer Schmedler nennt die Causa ungewöhnlich. Nun wurde davon auch ein Video publik.

Die „Schredder-Affäre“ bleibt Thema: Nachdem bekannt wurde, dass ein ÖVP-Mitarbeiter nach Aufkommen des „Ibiza-Videos“, das zum Rücktritt von Heinz-Christian Strache (FPÖ) als Vizekanzler geführt hatte, einen Datenträger anonym vernichten hat lassen, beschwichtigte Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ob des Vorgehens zuletzt. Heute, Dienstag, machte die Wochenzeitung „Falter“ weitere Details publik.

Zum einen soll es sich demnach nicht nur um einen Datenträger, sondern um fünf Festplatten handeln, die vernichtet wurden. Zum zweiten wird ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie der Mann den Schreddervorgang beobachtet - und wie er ausfindig, sprich identifiziert, wurde. Denn: Es handelt sich demnach nicht um irgendeinen Mitarbeiter der ÖVP, sondern um den Chef der Social-Media-Abteilung des Bundeskanzleramts.

„Mit solchem Aufwand Festplatten vernichten lassen“

Darüber hinaus kommt auch der Geschäftsführer der Firma Reisswolf, Siegfried Schmedler, zu der Causa zu Wort, die den Namen seines Unternehmens zum Inhalt etlicher Schlagzeilen gemacht hat. Er ortet darin einen ungewöhnlichen Vorgang: In der 25-jährigen Geschichte seiner Firma sei es „noch nie passiert", dass jemand „unter falschem Namen und mit solchem Aufwand Festplatten vernichten hat lassen“.

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„Er hat sich bei der Anmeldung schon sehr nervös verhalten und auch bei dem ganzen Prozess war er die ganze Zeit nervös. Er wollte auf keinen Fall die Festplatten aus der Hand geben“, schilderte Schmedler in dem fast fünfminütigem Video, das am Dienstag vom „Falter“ veröffentlicht wurde.

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Zudem habe er auf drei Schredder-Durchgängen bestanden: „Er hat unsere Mitarbeiter immer wieder aufgefordert, die schon geschredderten Partikel wieder auf das Förderband zu legen und neuerlich zu schreddern.“ Normalerweise reiche ein Vorgang, um eine normgerechte Vernichtung sicherzustellen.

An Staatsanwältin in „Ibiza-Affäre" vermittelt

Der Mann soll nicht nur, wie bereits bekannt, mit falschen Namen, sondern auch mit falscher E-Mail-Adresse bei der Firma Reisswolf vorstellig geworden sein. Vor Ort trug er sich mit eben diesem falschen Namen - Walter Maisinger - in Listen ein und unterzeichnete so auch diverse Verpflichtungserklärungen. Auffällig, so Schmedler, sei auch gewesen, dass der ÖVP-Mann die „schon geschredderten Partikel wieder mitnehmen wollte“.

Aufgekommen ist die Causa letztlich deshalb, weil der Betroffene die Rechnung von 76,45 Euro nicht bezahlt hat. Von dem Unternehmen wurde deshalb zuerst eine Mahnung versandt und letztlich eine Anzeige erstattet, Schmedler in der Folge an die zuständige Staatsanwältin in der „Ibiza-Affäre" vermittelt.

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Zur Identität des Mannes berichtete der „Falter“ abschließend noch durchaus Pikantes: Vier Tage nach der Schredder-Aktion, am 27. Mai 2019, wurde die türkis-blaue Regierung vom Nationalrat per Misstrauensvotum abgewählt. Kurz hielt noch am selben Abend eine Rede an der „Politischen Akademie“ der ÖVP im Springer Schlössl in Wien. Einer der Reisswolf-Mitarbeiter erkannte ihn bei der im Fernsehen übertragenen Ansprache - stand der Social-Media-Chef doch knapp hinter Kurz.

Über die angegebene Telefonnummer, die korrekt war, sei man dann auf seinen richtigen Namen gekommen: „Mit der einfachen Eingabe der Mobilnummer in Google ist dann sofort aufgetaucht, dass dieser Eigentümer dieser Handynummer nicht der besagte Mann ist, der sich eingetragen hat“, meinte Schmedler.

Mit den Vorwürfen durch den „Falter“ konfrontiert, habe der Social-Media-Beauftragte betont, nicht „on the records“ sprechen zu wollen.

>>> Artikel vom „Falter“ 

(Red./APA)


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